Die ganze Welt ein Spielplatz

Laufen, hüpfen, springen …. Kindlicher Bewegungsdrang ist kreativ, unerschöpflich und auf vielfältige Art wichtig für die Entwicklung, wie Eva-Maria Britzmann weiß.

Tischtennisschläger, Malkreide und Ball auf Asphalt

Für die meisten (vor allem) kleinen Kinder besteht der Alltag aus reiner Bewegung. In ihren ersten Lebensjahren entdecken sie die Welt mittels Bewegung und sammeln Lebenserfahrungen durchs Tun. Nicht umsonst heißt es, etwas zu be-greifen, wenn man etwas verstanden hat.

„Im Laufe des Lebens wird dieser Bewegungsdrang weniger, oder schlimmer noch, vielen Kindern abgewöhnt. Leider züchten wir uns faule Menschen heran, statt Kinder zu unterstützen, sich zu bewegen”, sagt Britzmann, die im Rahmen der UNIQA Privatstiftung Programme für Bewegung im Kindergarten und Schulalltag entwickelt.

Bunte Impulse

Wenn ein Kleinkind versucht, auf eigenen Beinen zu stehen, muss es dafür viele verschiedene Arten von Bewegungen einsetzen: Es muss robben, sich an Gegenständen hochziehen, die Balance halten, herumkriechen oder sich beim Hinfallen abfedern. Durch diese Vielfalt der Bewegungen bekommt nicht nur sein Körper ganz unterschiedliche Impulse, sondern auch sein Gehirn, erzählt Britzmann: „Bewegung schult Körper und Geist gleichermaßen, fördert Gesundheit und soziale Beziehungen.“

Konkret heißt das:

    • Die eigene Körperwahrnehmung wird verbessert.
    • Auch die Raumwahrnehmung wird entwickelt.
    • Heben und Springen erhöhen die Knochendichte, was in späteren Jahren – Stichwort Osteoporose – wichtig ist. 
    • Auspowernde Bewegungen stärken Atmung, Herz-Kreislauf und das Immunsystem
    • Bei Spielen in der Gruppe wird die soziale Kompetenz verbessert.
    • Balanceübungen sorgen für einen besseren Gleichgewichtssinn.
    • Unterschiedliche Bewegungsarten schulen die Geschicklichkeit und verhindern Unfälle.
    • Das Selbstvertrauen wird gestärkt, denn wer sich in seinem Körper sicher fühlt, hat auch ein sicheres Auftreten.
    • Bewegung macht schlau, wie die Forschung mittlerweile weiß. Denn durch Bewegung bilden sich neue Verbindungen im Gehirn, und je komplexer ein Gehirn strukturiert ist, desto einfacher fällt es in Folge auch, Neues zu lernen.  
      • Und, last but not least: Bewegung hilft im Schulalltag. Wer eine gute Auge-Hand-Koordination hat, tut sich leichter beim Schreiben. Feinmotorische Übungen, bei denen man Dinge zieht oder schiebt, helfen, einen Schreibstift besser halten zu können. Balancieren und Rückwärtsgehen schult die Konzentrationsfähigkeit und verbessert sogar Rechenfähigkeiten.


Kurzum, der ganze Organismus profitiert von Bewegung!

 „Ein Kind hört nicht von selbst auf, seinen Bewegungsdrang auszuleben“, weiß Britzmann, „Stattdessen wird dieser häufig von dessen Umwelt unterdrückt, statt ihn zu fördern.“ Tablet oder Smartphone werden als elektronische Kinderbetreuung eingesetzt, doch ein Film am Tablet ist lediglich eine Erfahrung in 2D. „Speziell nachdem sie sich einen Film angesehen haben, muss man Kindern Bewegung anbieten, damit sie die Reize, die sie bekommen haben, verarbeiten können. Das gilt auch für das Betthupferl am Tablet. Danach eine Polsterschlacht oder eine ruhige Bewegungseinheit helfen Kindern beim Runterkommen und Einschlafen“, empfiehlt Britzmann.

Bewegung fördern

Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen sich bewegen. Eine Tatsache, die man wunderbar im Alltag nutzen kann. „Es gibt keine falsche Bewegung“, sagt die Projektleiterin und ermuntert, „Werden Sie selbst wieder zum Kind und bieten Sie Ihrem Kind vielfältige Bewegungsreize, die Sie in Ihren gemeinsamen Alltag einbauen.“

  • Mit kleinen Belohnungen Motivation schaffen. Etwa Müll hinuntertragen oder Einkäufe hinauftragen zur Challenge machen.
  • Beim Abholen vom Kindergarten die große Runde – vielleicht sogar über den Spielplatz – und nicht auf direktem Weg nach Hause gehen.
  • Bordsteine eignen sich prima zum Balancieren, auch kann man unterwegs durchaus mal Zickzack gehen oder hüpfen.
  • Beim Einkaufen Kinder Einkäufe mittragen lassen.
  • Eine Wohnungserkundung auf allen Vieren machen.
  • Beim Zähneputzen auf einem Bein stehen oder in die Hocke gehen.
  • Zwischendurch magische Stühle machen und ausprobieren wie stabil sie sind (In der Erwachsenensprache werden sie als Kniebeugen bezeichnet…)
  • Schnüre spannen, unter denen man hindurchkriechen oder über die man drübersteigen muss.
  • Ausprobieren, ob ein Bett zum Trampolin taugt. (Gute Betten sollten das…) 
  • Den Lift zum Tabu erklären und gemeinsam Stiegen steigen.


Zahlreiche weitere Übungen gibt es hier: Simplikus – Zirkusspaß.

Abschließend hat Eva-Maria Britzmann einen Tipp für Kleine ebenso wie für Große: „Lassen Sie Ihrem Kind Bewegungsräume, auch zeitlich. Der eng getaktete Alltag wird noch früh genug kommen. Bewegung hilft übrigens in jedem Lebensalter. Ein übervoller Kopf lässt sich durch Bewegung wieder frei machen.“

© Elsner / riccio.at

Zur Person
Mag.a (FH) Eva-Maria Britzmann ist seit ihrer Kindheit ein Bewegungsmensch, Sportlerin und Trainerin aus Leidenschaft. Sie hat Gesundheitsmanagement mit Schwerpunkt Bewegung studiert und diverse Trainerausbildungen absolviert. Seit 2008 ist sie in der Bewegungsförderung für Kinder und Erwachsene tätig. Im Rahmen der UNIQA Privatstiftung entwickelt sie Programme für Bewegung im Kindergarten und Schulalltag und ist Projektleiterin der Kindergarteninitiative „Simplikus – Zirkusspaß.“

Ihr Credo lautet: Es ist nie zu früh aber auch nie zu spät, den ersten Schritt für ein bewegtes/aktives Leben zu machen!

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