Die Kraft der Dankbarkeit
Dankbarkeit ist mehr als ein Gefühl. Und sie besitzt ein unglaubliches Potential. Ein paar Überlegungen von Autorin Felicitas Freise über die „Schwester des Glücks“.
In Zeiten, in denen es mir nicht gut geht, versuche ich, mir selbst zu helfen, indem ich ein Dankbarkeitstagebuch führe. Ausgerechnet wenn Existenzängste nagen oder Einsamkeit wuchert, schreibe ich abends (mindestens) drei Dinge auf, für die ich dankbar bin. Zugegeben, es gibt Tage, an denen zu lesen steht: der Kaffee beim Frühstück, der Kaffee nach dem Frühstück, der Kaffee am Nachmittag. Schaffe ich es jedoch, meinen Blick über den Rand meines Kaffeehäferls hinaus zu heben, kommt die soziale Komponente der Dankbarkeit ins Spiel. Schließlich ist man dankbar für das, was man von anderen Menschen erhält – das Kompliment für den neuen Pullover – oder von der Natur um uns – der Duft einer Rose zum Beispiel. Und umgekehrt: Dankbare Menschen sind auch sozialere Menschen, die sich altruistischer (das Gegenteil von egoistisch) verhalten.
Wer brennt für das, was er tut, lebt ein glücklicheres Leben... Wie entsteht ein Glücksfeuerwerk der Begeisterung?
Wer dankbar ist, ist gesünder
Dass ein Dankbarkeitstagebuch ein möglicher Weg der Bewältigung persönlicher Krisen sein kann, haben die Psychologen Robert E. Emmons von der University of California und sein Kollege McCullough von der University of Miami schon 2003 in einer Studie aufgezeigt. Eine Gruppe der Probanden schrieb jeden Tag Dinge auf, für die sie dankbar war, eine zweite Gruppe, was ihnen Stress bereitet hatte und die dritte schilderte einfach ihren Tagesablauf. Nach zehn Wochen evaluierten die Forscher die Ergebnisse und es zeigte sich, dass es den Teilnehmern der Dankbarkeitsgruppe signifikant besser ging. Sie verspürten mehr Lebensfreude und waren optimistischer.
Aber auch körperlich wiesen sie eine deutliche Besserung auf. Bauch- oder Kopfschmerzen, Schwindel und Muskelverspannungen waren bei ihnen weniger geworden, dafür schliefen sie länger und auch tiefer. Sogar ihr Fitnesslevel war gestiegen, denn sie machten häufiger Sport als die Probanden der Vergleichsgruppe. Ein weiterer Unterschied zeigte sich beim Erreichen persönlicher Ziele, egal ob beruflicher oder privater Natur. Auch dabei schnitten die Menschen mit dem Dankbarkeitstagebuch besser ab.
Dankbarkeit lässt sich trainieren
Einer der schönen Nebeneffekte von Dankbarkeit ist, dass durch sie weitere Gefühle entstehen und diese sind ebenfalls durchweg positiv. Dankbare Menschen sind optimistisch, freigiebiger und sogar glücklicher. Denn Dankbarkeit steigert die Produktion von Dopamin und Serotonin, den sogenannten Glückshormonen. Und als wäre all das noch nicht genug, verändert sich auch das Gehirn durch Dankbarkeit. Denn jede Aktivität, die wir setzen, jede Emotion, die wir haben, hat Auswirkungen auf unsere Gehirn-Struktur. Diese Möglichkeit, aktiv in die Entwicklung unserer grauen Zellen einzugreifen, nennt man Neuroplastizität.
2016 wurde die Studie mit dem Dankbarkeitstagebuch auch an der Universität von Indiana durchgeführt und kam zu denselben Ergebnissen wie die Forscher in Kalifornien schon 13 Jahre zuvor. Zusätzlich entstanden aber auch Gehirnscans von den Teilnehmern, und es zeigte sich, dass bei den Probanden mit dem Dankbarkeitstagebuch die Aktivität im präfrontalen Kortex signifikant zugenommen hatte – ein Gehirnbereich der allgemein für Emotionen und Aktivitäten zuständig ist. Die Forscher folgerten daraus, dass sich Dankbarkeit trainieren und sogar steigern lässt.
Dankbarkeitsübung „Herzensmenschen“
Einfach ausprobieren: Wofür sind Sie anderen dankbar? Machen Sie eine Liste Ihrer Liebsten, von Freunden, Arbeitskollegen oder auch Bekannten und schreiben Sie neben jeden Namen, wofür Sie ihm/ihr dankbar sind (z.B. Karin, weil sie mir das Keksrezept ihrer Oma verraten hat. Günter, weil er mich bei einem Treffen nie warten lässt...).
Dankbarkeitsübung „Lebensweg“
Schreiben Sie Ihren Lebenslauf mit Meilensteinen der Dankbarkeit. Welche Ereignisse haben Ihrem Leben eine besondere Wendung gegeben, welche Begegnungen haben Sie weitergebracht, welche Entscheidungen haben Sie eine gute Richtung einschlagen lassen?