Kapselhotels: Zwei Quadrameter Gemütlichkeit?
Wozu ein Hotelzimmer, wenn Sie eine Hotelkapsel haben können?
Sie haben unseren Artikel zu Tiny Houses gelesen und Ihr einziger Gedanke war: Viel zu groß? Auf manche könnte Ihr Minimalismus exzessiv, gar befremdlich, wirken. Nicht auf uns – wir akzeptieren Sie so, wie Sie sind. Und haben für Sie eine noch kleinere Wohnsituation vorbereitet. Bühne auf für das Kapselhotel!
Ein Kapselhotel – auf Japanisch “kapuseru hoteru” – ist in etwa, wonach es klingt: Ein Hotel in Form einer kleinen Kapsel. Sie erwarten im Schnitt 2m² Bodenfläche und 1,20 Meter Höhe. Aufstehen gelingt Ihnen also nur, wenn Sie etwa vier Jahre alt sind. In diesem Fall Respekt, dass Sie diesen Artikel soweit lesen konnten!
Kapselhotels: Ein wenig Platz für wenig Geld
Das erste Kapselhotel eröffnete in Osaka im Jahr 1979. Gerade die japanischen Großstädte sind für hohe Lebenshaltungskosten und akuten Platzmangel bekannt. Kapselhotels bieten eine spartanische Übernachtungsmöglichkeit für wenig Geld.
Spartanisch heißt, dass Sie neben Ihren vier Kapselwänden noch eine Matratze erwartet. Traditionell gibt es außerdem einen kapseleigenen Fernseher und ein Radio, dazu eine Steckdose und teilweise eine Klimaanlage. Ob Sie eigene Handtücher mitbringen müssen, variiert von Hotel zu Hotel.
Achja, Sie sollten außerdem nicht zu zimperlich mit Privatsphäre sein. Ihre Kapsel gehört zwar Ihnen alleine (zwei exklusive Quadratmeter!), doch Ihre Kapseltür lässt sich nicht abschließen. Unter Umständen haben Sie keine Tür, sondern nur einen Vorhang, der Ihre Kapsel vom Gemeinschaftsflur abgrenzt. Wertsachen sind geschützt: Die meisten Kapselhotels haben Schließfächer oder sogar Safes.
Die anderen Gäste befinden sich in ähnlichen Kapseln über Ihnen, unter Ihnen oder zu Ihrer Seite. Hoffen Sie also, dass Sie keinen schnarchenden Nachbarn erwischt haben.
Einige Kapselhotels sind nur an Männer gerichtet. Inzwischen finden Sie aber auch viele Hotels, die separate Bereiche für Männer und Frauen anbieten.
Wer nutzt die Kapselhotels?
Zum einen Büroarbeiter, die recht weit außerhalb der Stadt wohnen. Auch die Finanzkrise verschaffte Kapselhotels unerwarteten Auftrieb: Manche Arbeiter, die obdachlos geworden waren, mieteten monateweise Kapseln an und lebten dort. Zum Höhepunkt der Krise machte das fast ein Drittel der Kapselgäste aus. Zum anderen sind die Kapseln inzwischen auch bei Touristen sehr beliebt.
Kapseln in Ihrer Umgebung
Falls Ihnen der Kapselminimalismus zusagt, müssen Sie kein Ticket nach Japan lösen. Denn Kapselhotels haben auch Europa erobert. Das erste Kapselhotel entstand 2018 in London und warb mit Zimmern (also, Kapseln) für nur 35 Euro die Nacht.
Aus Osaka verbreiteten sich die günstigen Hotels in andere Städte Japans, bevor sie auch den Sprung von der Insel schafften. Heute gibt es Kapselhotels in aller Welt, zum Beispiel Belgien, China, Island oder Indonesien.
Im selben Jahr eröffnete in Luzern das Capsule Hotel Lucerne mit 19 Kapselzimmern. Übernachtungen kosten dort ab 38 Franken die Nacht (35 Euro). In Deutschland und Österreich gibt es ebenso einige Anbieter für Kapselhotels. Die Zielgruppe: jung und urban. Das Capsule Hotel Luzern ist direkt mit der örtlichen Startup-Szene vernetzt und das “Zip by Premier Inn” im britischen Cardiff bietet im Gemeinschaftsbereich seiner Kapseln Bar, Chill-out-Bereich, Tischkicker und Workstations. Das klingt weniger nach überarbeitetem Büroarbeiter als mehr nach Bruno, 25, Marketing-Rockstar in einem Digital-Startup.
Zwei Quadratmeter Luxus
Nicht bei allen Kapselhotels geht es primär um den niedrigen Preis. “First Cabin” in Japan bietet beispielsweise Suites mit Doppelbett und LCD-TV an. Das hat dann zwar nicht mehr viel mit Minimalismus zu tun, aber hey, Kapsel ist Kapsel.