Muskeln & Faszien:
unterschätzte Teamplayer für Körper und Geist

Die Nackenverspannung lässt sich gar nicht mehr richtig lockern? Dann können auch Emotionen im Spiel sein - und unsere Faszien! Was jetzt hilft...

Frau liegt mit den Unterschenkeln auf einer Faszienrolle

Wenn vom Halteapparat des menschlichen Körpers die Rede ist, denken die meisten an Muskeln und Knochen. Vergessen wird dabei auf die Faszien, ein komplexes und äußerst beeindruckendes Gewebe, das alle Muskeln, Knochen, Organe etc. umhüllt, durchdringt und Einfluss auf Körper und Psyche besitzt. „Wenn man eine Hendlbrust anschaut, sieht man, dass diese von einer dünnen, weißen Haut umgeben ist. Solch eine zarte Hülle umschließt auch im menschlichen Körper sämtliche Muskeln. Früher sprach man nur vom Bindegewebe und dachte, es sei einfach eine derbe, faserige Struktur“, erklärt Myoreflextherapeutin Sonja Lamers-Reepel.

Mittlerweile weiß man schon einiges mehr über Faszien, doch noch immer sind nicht alle ihre Eigenschaften bekannt:

  • In der neuesten Forschung werden Faszien als größtes Sinnesorgan der Menschen wahrgenommen, da sie genauso Schmerz- und Bewegungsrezeptoren besitzen wie Muskeln. 
  • Sie sind fähig, die Lage im Raum wahrzunehmen und diese Information ans Gehirn zu übermitteln.
  • Sie besitzen Chemorezeptoren und können damit auf Botenstoffe reagieren, sogenannte Neurotransmitter, die von Nerven übermittelt werden. Steht ein Mensch unter Stress, sorgen diese Stresssignale dafür, dass sich Muskeln und Faszien anspannen. Denn die beiden arbeiten ganz eng zusammen.
  • Sie haben auch Thermorezeptoren, mit denen sie auf Wärme und Kälte reagieren.
  • Ebenso reagieren sie auf Druck und sind trotz ihrer zähen Beschaffenheit sehr empfindlich.
  • Faszien werden ebenso wie Muskeln mit Wasser oder Mineralstoffen versorgt und ein Mangel daran führt zu Verhärtungen
  • Sie organisieren die Kraftübertragung der Muskeln.
  • Sie haben ein emotionales Gedächtnis, denn sie können Emotionen – vor allem Traumen und Stress – speichern.

 Gedächtnis des Körpers

Unsere Lebensweise, alles, was wir erlebt haben, und vor allem Traumen drücken sich auch in unserem Körper aus. Oft ist nicht klar, was zuerst war: Erst die Fehlhaltung, die zu bestimmten Emotionen führte, oder die Emotionen, die eine bestimmte Haltung zur Folge haben. Als Beispiel nennt Lamers-Reepel eine schlechte Sitzhaltung am PC: „Das ist dieselbe Haltung, als würden wir uns vor einer Gefahr verstecken. Im Falle der Gefahr sendet das Gehirn Botenstoffe aus, um die Nackenmuskulatur anzuspannen und so die wichtigen Nerven zu schützen, die im Nacken verlaufen. Wer eine schlechte Sitzhaltung vor dem PC hat, gerät durch die verspannten Nackenmuskeln ständig latent in das Gefühl einer Gefahrensituation.“

Ganzheitlicher Lösungsansatz

Der Körper speichert jedes Trauma und jedes Erlebnis auch in Faszien und Muskeln. Durch das Lösen von Faszien und Muskeln können so auch Traumen gelöst werden. Zahlreiche Therapien machen sich diese Einheit von Körper und Psyche zu Nutze und arbeiten mit Muskeln und Faszien, um nicht nur auf der körperlichen Ebene Entspannung zu schenken, sondern auch seelische Schocksituationen zu lösen.

So auch die Myoreflextherapie. Diese ist noch recht jung und wurde vor etwa 20 Jahren vom deutschen Arzt und Heilpraktiker Dr. Kurt Mosetter begründet. Er kombinierte Erkenntnisse aus verschiedenen anderen Therapiearten wie Neuraltherapie, Bindegewebsmassage, Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) oder Akupunkturlehre und ergänzte sie um Ernährungsrichtlinien. Lamers-Reepel: „Bei der Myoreflextherapie wird mit tiefem Druck im Bereich der sogenannten Golgirezeptoren gearbeitet. Diese Zellen befinden sich im Sehnen-Muskelübergang. Der Reiz wird über die Wirbelsäule ans Gehirn gesendet und dieses sendet wiederum Signale aus, um den Muskel sowie seinen Gegenspieler zu entspannen. Die speziellen Punkte, mit denen bei der Myoreflextherapie gearbeitet wird, sind häufig an Nervenübergängen zu finden und decken sich vielfach mit klassischen Akupunkturpunkten. Anders als die Physiotherapie arbeitet die Myoreflextherapie nicht ausschließlich mit einzelnen Muskelgruppen, sondern ganzheitlich.“ 

KID - „Kraft in der Dehnung“

Um den Erfolg der Myoreflextherapie zu verstärken, entwickelte Mosetter zusätzlich "KID-Übungen": das heißt Kraftentfaltung in maximaler Dehnungsposition, eine Kombination von Dehnungs- und Krafttraining. Zum Ausprobieren hat Lamers-Reepel zwei KID-Übungen für uns parat:

1. Die Vorderseite dehnen - besonders angenehm nach langem Sitzen

  • Hüftbreit mit lockeren Knien stehen. Das Becken etwas nach vorne kippen und den Bauchnabel einziehen, um ein Hohlkreuz zu vermeiden.
  • Die Arme nach oben strecken, die Handflächen zeigen dabei zur Decke.
  • Das Kinn etwas in Richtung Kehlkopf ziehen.
  • Das Gewicht leicht verlagern und die Schienbeine über die Füße ziehen , so dass die Vorderseite des Körpers wie ein Bogen gespannt wird und eine Bogensehne zwischen Fingerspitzen und Fersen gezogen werden könnte.
  • Etwa 7-10 Sekunden halten.


2. Kreis der Hände - hilft bei Nackenverspannungen

  • Den rechten Arm gerade nach vorne strecken, die Finger zeigen senkrecht nach oben. Die linke Hand vor die rechte Handfläche legen. Den rechten Arm aus der Schulter gegen den Druck der linken Hand nach vorne schieben. Bis drei zählen, dann lockerlassen.
  • Den rechten Arm gestreckt lassen und die Fingerspitzen nach unten drehen. Die linke Hand auf den Handrücken der rechten Hand legen. Den rechten Arm aus der Schulter heraus gegen den Druck der linken Hand nach vorne schieben. Bis drei zählen, dann lockerlassen.
  • Den rechten Arm gestreckt lassen, die Fingerspitzen weisen nach unten und die Handfläche nach vorn. Mit der linken Hand gegen alle Finger der rechten Hand drücken. Den rechten Arm gegen diesen Druck nach vorne schieben. Bis drei zählen, dann lockerlassen.
  • Dann Armwechsel.
  • Bei allen Übungen den Unterkiefer lockerlassen und aufs Atmen nicht vergessen!
Alt Text
Sonja Lamers-Reepel © beigestellt


Zur Person
Sonja Lamers-Reepel ist ganzheitliche Naturheiltherapeutin, Myoreflextherapeutin, Fachberaterin für Darmgesundheit, zertifizierte Immuntrainerin nach Spenglersan und besitzt die Ausbildung zur Mykotherapeutin. Sie arbeitet unter anderem mit Kinesiologie, Spagyrik und Phytotherapie, um den Menschen als Ganzes zu betrachten und mit den Mitteln der Natur zu unterstützen.

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