Länger leben dank Haustieren?
Rex, Kitty & Co. wirken auf vielfache Weise positiv auf die Lebensqualität ihrer menschlichen Mitbewohner, sind jedoch alles andere als nur „Streichelobjekte“.
Menschen mit Hund leben länger. Was nach knalliger Schlagzeile klingt, bestätigen Studien bereits seit etlichen Jahren. In Schweden werteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von der Universität Uppsala Daten von mehr als 3,4 Millionen Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer aus, die sie 12 Jahre lang beobachtet hatten. Der positive Effekt des Vierbeiners zeigte sich besonders stark in der Gruppe der Singles. Für gewöhnlich haben Menschen, die allein leben, ein höheres Risiko frühzeitig zu sterben.
Die Studie ergab, dass das Sterberisiko der Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer ohne Partner im Vergleich sogar um 33 Prozent niedriger war. Alle Gründe dafür sind zwar nicht erfasst, aber einer davon liegt auf der Hand: Bello und Rex brauchen regelmäßig Bewegung und damit müssen sich auch Herrchen und Frauchen aus der Komfortzone am Sofa wegbewegen. Die regelmäßige Bewegung senkt nachweislich die Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Tiere fordern und fördern
„Ein Haustier unterstützt auf viele Arten. Es gibt zum Beispiel Tagesstruktur, weil wir zu bestimmten Zeiten mit ihm hinausgehen, es pflegen oder füttern müssen“, bestätigt der Leiter der Mauritiushof Natur Akademie, Dr. Dieter Schaufler. Wobei das nicht nur für die typischen Haustiere wie Hunde oder Katzen gilt, sondern ebenfalls für Nutztiere, Insekten oder Fische.
„Ein Aquarium zu pflegen oder Brombeerblätter für Stabheuschrecken zu suchen, heißt ebenso Verantwortung zu übernehmen oder für ein Wesen zu sorgen. Tiere fordern, aber fördern auch. Dinge, die wir im Umgang mit den Tieren lernen, können wir in unserem eigenen Leben anwenden wie etwa unsere Kommunikationsfähigkeiten verbessern. Ein Tier begegnet uns jenseits der menschlichen Wertesysteme, es ist einem Hund egal, wer du bist, welchen Status du hast, ob du schön, jung oder gesund bist. Also alle diese Kriterien, die in unserer Gesellschaft an oberster Stelle stehen“, erklärt Schaufler.
Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen
Während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass durch die Digitalisierung und das Arbeiten von zu Hause aus, die Sehnsucht – vor allem der Stadtmenschen – nach sinnstiftenden Arbeiten bzw. der Natur gewachsen ist. Viele Menschen sind während dieser Zeit auch „auf den Hund gekommen“.
Schaufler: „Dabei wird vielfach nicht bedacht, dass ein Tier einen eigenen Charakter und eigene Bedürfnisse besitzt. Speziell Hunde haben eine Ich-Identität und menschenähnliche Gefühle. Stattdessen werden ihnen von uns die eigenen Bedürfnisse übergestülpt. Menschen kaufen sich leider häufig Hunde, weil sie ihnen gefallen, aber ohne zu bedenken, welchen Charakter dieser Hund hat. Der Besitzer eines Dackels, der sich darüber aufregt, dass der Dackel den Garten umgräbt oder viel kläfft, lässt außer Acht, dass ein Dackel im Grunde genommen ein spurlauter Jagdhund ist. In seiner Natur liegt das Graben und Kläffen. Daher ist es wichtig, sich vor der Anschaffung eines Tieres von einem unabhängigen Experten beraten zu lassen, welches Tier vom Typ her zu einem passt.“
„Es ist auch ein Irrtum zu glauben, dass es genügt, einem Kind ein Tier zu schenken und dann wird es gleich davon profitieren. Ein sechsjähriges Kind zum Beispiel ist mit der Pflege eines Kaninchens schlichtweg überfordert. Es sind die Eltern, die die Aufgabe haben, die Beziehung zwischen Kind und Haustier zu gestalten – und das ist eine Riesenaufgabe! Auch da gilt es, sich vor der Anschaffung eines Tieres unbedingt bei einer möglichst unabhängigen Stelle zu informieren“, empfiehlt Schaufler.
Zur Person:
Dr. Dieter Schaufleri ist Präsident der Österr. Gesellschaft für Tiergestützte und Naturgestützte Therapie. Der Arzt für Allgemeinmedizin mit Diplomen der Ärztekammer für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin leitet die Mauritiushof NaturAkademie MNA in Rappoltschlag/Waldviertel.