Hitzetipps von den Profis

Wenn es so richtig heiß wird, gibt es einiges, das wir von südlicheren Ländern lernen können…

Frau hält Eiswürfel zum kühlen an den Arm

Alle kennen dieses Bild: Während sich die sonnengierigen Urlauber:innen, kurzbehost und ärmellos unterwegs, beim Flanieren ihre Sonnenbrände abholen, machen die Einheimischen dicht. Fenster zu, Balken oder Jalousien zu, und auch Freiluft-Aktivitäten werden heruntergefahren, solange die Luft quasi am Kochen ist. Davon sollten auch wir Österreicher:innen uns mehr abschauen, meint der bekannte Umweltmediziner Dr. Hans-Peter Hutter.

Es gehe nämlich gar nicht darum, ob es jemand gerne kühler oder heißer hat, denn extrem hohe Temperaturen belasten alle – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß: „Bei großer Hitze ist die körperliche wie auch die mentale Leistungsfähigkeit bei jedem Menschen herabgesetzt“, erklärt Umweltmediziner Hutter: „Auch die, die die hohen Temperaturen herrlich finden, können nicht so viel leisten wie im Normalbetrieb. Sie spüren es nur nicht so stark wie andere.“ Diese „anderen“ sind die hitzeempfindlicheren oder gesundheitlich bereits vorbelasteten Menschen, für die ein hoher Temperaturpegel ein ungleich höheres Risiko bedeuten kann.

Deshalb nennt Hutter vier Grundregeln, wie wir der Hitze am besten begegnen sollten – und alle kann man sich im Prinzip bei den Menschen abschauen, für die aus geographischen und klimatischen Gründen die Hitze Alltag ist.

1. Die Hitze auf keinen Fall hereinlassen

„Ich komme mir manchmal fast schon ein wenig blöd vor, wenn ich immer wieder sage: Macht die Fenster zu und lasst die Jalousien herunter“, sagt Umweltmediziner Hutter. Denn bei seinen Spaziergängen durch seine Heimatstadt Wien sieht er dann auch bei größter Hitze überall weit aufgerissene Fenster. Dabei wäre der Schutz des Wohnraums der erste und einfachste Schritt, um der Hitze zu begegnen. Ideal wären dabei Außenjalousien, damit die Sonnenstrahlen gar nicht erst aufs Fensterglas treffen, aber es nützen auch innenliegende Rollläden oder Vorhänge, die man an besonders heißen Tagen zuzieht. Tagsüber lüften ist die schlechteste Idee, denn dann ist die Hitze in der Wohnung. In den frühen Morgen- und den späten Abendstunden ordentlich querlüften und in der Nacht für kühle Frischluftzufuhr sorgen, reicht vollkommen aus.

2. Alles ein bisschen ruhiger angehen

Wie bereits eingangs erwähnt, gibt es niemanden, die:den die Hitze wirklich kalt lässt. Denn eine thermische Belastung fordert auch den Organismus von jungen und gut trainierten Menschen, auch wenn die das vielleicht nicht besonders stark spüren: „Die erste Maßnahme, sich selbst vor der Hitze zu schützen, ist, alles ein wenig ruhiger anzugehen“, rät auch Hutter. Einkäufe oder sonstige Freiluft-Aktivitäten sollte man bereits in den noch etwas kühleren Morgenstunden erledigen, von sportlichen Aktivitäten bei großer Hitze ist überhaupt abzuraten. Verabschieden muss man sich auch vom immer noch gebräuchlichen Terminus der „Mittagshitze“, der suggeriert, es reiche aus, die Sonne nur zur Mittagszeit zu meiden: „Die Hitzestunden beginnen bereits um 10, 11 Uhr und enden erst um 16, 17 Uhr“, sagt auch Umweltmediziner Hutter.

3. Mediterrane Kost statt Schweinsbraten

Ohne einen kulinarischen Kulturkonflikt provozieren zu wollen: Jeder und jedem ihren und seinen Schweinsbraten – aber aus ernährungsmedizinischer Sicht ist diese oder eine vergleichbare schwere Kost ab 30 Grad nicht gerade unter den Top-50-Ideen. Auch da ist es viel vernünftiger, den Blick zu südlichen Nachbar:innen schweifen zu lassen und zumindest während der heißesten Zeit auf mediterrane, leichte Kost umzusteigen. Viel wasserhaltiges Gemüse wie Gurken, viel Obst – und vor allem viel und regelmäßig trinken.

Alkohol und Kaffee sollte man bei starker Hitze reduzieren oder ganz weglassen und dafür auf Wasser, Mineralwasser oder ungesüßte (Kräuter-)Tees umsteigen. Wie bei anderen Maßnahmen (Duschen, Fußbäder oder feuchte Wickel) gilt auch beim Trinken: Kühl ist besser als kalt. Denn ein zu starker Kälteimpuls löst im Körper den Reflex aus, sich aufzuheizen – und das ist bei Hitze definitiv der falsche Befehl. Eiskalt duschen wäre also kontraproduktiv, Besprühen mit kühlem Wasser aber zum Beispiel sehr gut.

4. Weite, luftige Bekleidung und Kopfschutz

Befragt nach der passenden Hitze-Bekleidung, versucht es Umweltmediziner Hutter schmunzelnd mit einer paradoxen Intervention: „Am besten hautenge Nylonsachen.“ Es ist ein gutes Zeichen, wenn einem Umweltmediziner der Humor noch nicht ausgeht, aber nun in aller gebotenen Ernsthaftigkeit: Lockere, weite, am besten weiße oder helle Gewänder, die die Sonnenstrahlen reflektieren, sind die ideale Bekleidung. Und wem jetzt das Bild von durch die Wüste ziehenden Beduinen in den Kopf kommt, liegt damit nicht falsch, denn diese „Hitzeprofis“ machen im Umgang mit der Kraft der Sonne sehr viel richtig.

Unter anderem schützen sie den Kopf, und das ist an sehr heißen Tagen auch in unseren Breitengraden eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme: „Es geht auch um den Sonnenschutz“, sagt Mediziner Hutter, „und wenn jemand erste Anzeichen wie Kreislaufschwäche oder Übelkeit verspürt, muss man das bitte sehr ernst nehmen, in den Schatten gehen und eine Pause machen. Denn ein Hitzschlag kann lebensbedrohlich sein.“

Zusammenfassung

In heißen Perioden ist es am klügsten, sich die Lebensgewohnheiten der „Hitzeprofis“ aus südlicheren Ländern abzuschauen. Das beginnt bei der Ernährung, geht über die Abdunklung der Wohnung und endet dabei, alles grundsätzlich ein wenig langsamer anzugehen. Denn heiße Tage müssen aus gesundheitlicher Sicht sehr ernst genommen werden, da der Körper dabei besonders beansprucht ist. Wer regelmäßig Medikamente nehmen muss, sollte vor Hitzeperioden unbedingt mit seinem:seiner Arzt:Ärztin noch einmal die Dosierung absprechen, weil die bei Hitze eventuell anders eingestellt werden muss (z.B. bei Blutdruckmedikamenten).

Hans-Peter Hutter © Heribert Corn
© Heribert Corn

Zur Person: 

AO Univ.-Prof. Priv.-Doz. DI Dr. Hans-Peter Hutter absolvierte ein Doppelstudium in Landschaftsökologie & Landschaftsgestaltung sowie in Medizin. Seit 2000 arbeitet er als Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie mit Schwerpunkt Umweltmedizin am Department für Umwelthygiene und Umweltmedizin (Zentrum für Public Health, MedUni Wien), dessen stellvertretender Leiter er auch ist. Einer der Forschungsschwerpunkte Hutters sind die gesundheitlichen Auswirkungen von Klimawandel und Klimakrise.

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