Mobility-Trends: Das Taxi im Smartphone

Mobilitätsdienste gibt es wie Sand am Meer. Damit Sie sich im Dschungel aus Ridesharing, Carsharing und Bikesharing zurechtfinden, hier ein Überblick über die wichtigsten Konzepte.

junge frauen lachend in auto
Credit: © Adobe Stock | Mirko

Hier ein Szenario, das Sie kennen: Sie feiern mit guten Freunden, das Motto ist “frühmittelalterliche Wikingerzeit”. Sie haben soeben das letzte Miniaturschiff im Gartenpool in Flammen gesteckt und so in Richtung Walhalla entsandt. Es ist Zeit, nach Hause zu fahren.

Doch während Sie sich von allen verabschieden, fragt jemand, wie Sie nach Hause kommen. Es ist leider schon spät, die Öffis fahren nur noch selten. Es muss also ein Taxi her.

“Taxi? Wie altmodisch” kriegen Sie zu hören, “Carsharing ist, wie man heutzutage fährt!”. Sie wollen sich für den Vorschlag bedanken, doch da kommt bereits von der Seite: “Carsharing? Wo sind wir, im Jahr 2015?”, und dann gibt es kein Halten mehr: Begriffe wie Ridesharing, Bikesharing und Ridepooling fliegen Ihnen entgegen. Sie sind verwirrt und entscheiden sich, zwei Stunden zu Fuß zu laufen.

Doch keine Sorge. Wir schlagen einen Weg durchs Dickicht und zeigen Ihnen, was die wichtigsten neuen Mobilitätskonzepte in Österreich sind. Schnallen Sie sich an!

Mobility-Trends: Sharing, Pooling, Hailing

Es gibt eine ganze Reihe von Diensten mit unterschiedlichsten Namen. Was genau sie voneinander unterscheidet, ist nicht immer auf den ersten Blick klar. Deswegen hier eine Übersicht:

Carsharing

Beim Carsharing leihen Sie sich kurzzeitig ein fremdes Auto, um damit selbständig zu fahren. Dazu schauen Sie in einer App nach, wo sich die nächsten Fahrzeuge befinden. Um sich Zugang zum Fahrzeug zu verschaffen, nutzen Sie ebenso die App. Am Ende zahlen Sie nur für die Zeit bzw. Strecke, die sie tatsächlich genutzt haben.

Vielleicht haben Sie es aber lieber etwas intimer und wünschen sich ein Auto, das nicht einer Firma gehört, sondern einem Privatbesitzer. Anbieter wie Getaround (früher: Drivy) oder Turo bieten Plattformen, auf denen Privatwagenbesitzer ihre Fahrzeuge zeitweise per App vermieten. Das Modell mag Sie an den Ferienwohnungsvermittler Airbnb erinnern, der tatsächlich gerne als Vergleich herangezogen wird.

Gut zu wissen

Mitte 2018 nutzten bereits mehr als 100.000 österreichische Haushalte Carsharing.


Ridesharing

Der kleine, aber feine Unterschied zum Carsharing ist, dass Sie beim Ridesharing gemeinsam mit jemandem fahren. Sozusagen die klassische Mitfahrgelegenheit in neuem Gewand: Buchung per App, Live-Nachverfolgung, Zahlung per App, noch kurz eine Bewertung vergeben und fertig.

Das reicht von Online-Plattformen für Mitfahrgelegenheiten wie das französische Blablacar, wo Sie jemanden suchen, der in dieselbe Richtung fährt, bis hin zu Taxi-ähnlichen Diensten wie Bolt, Uber und Holmi.

Jetzt könnten Sie natürlich fragen, warum Uber unter “Ridesharing” fällt, wohingegen ein Taxi einfach nur… ein Taxi ist. Hintergrund ist, dass Uber in den USA eigentlich als “Privatpersonen fahren bei Privatpersonen mit”-Vermittler gestartet war, was in Österreich – und zum Beispiel auch in Deutschland – aus rechtlichen Gründen nicht ging. Der Begriff ist aber geblieben.

Bleiben-wir-genau-Box

Wenn Sie es ganz genau haben möchten, können Sie das, was wir hier salopp alles Ridesharing genannt haben, noch weiter aufteilen. Zwei Beispiele: Sie rufen per App (oder ganz altmodisch auf der Straße) ein Taxi? Ridehailing. Sie sitzen in einem Shuttle, das einen Umweg zu Ihrem Ziel fährt, weil es unterwegs andere Leute abholt? Ridepooling.

Bikesharing

Das Bikesharing ist ganz ähnlich wie das Carsharing, nur dass Sie, no na ned, Fahrräder statt Autos leihen. Einen Unterschied zum klassischen “Fahrradverleih” gibt es nicht, außer, dass die neuen Angebote deutlich mehr mit Technologie arbeiten als das Fahrradgeschäft ums Eck.

Per App schließen Sie das Fahrrad auf, benutzen es für einen gewünschten Zeitraum und zahlen automatisch für die Nutzungsdauer.

In Österreich sind Anbieter wie nextbike und Donkey Republic aktiv. Außerdem haben die Städte Wien und Linz eigene Fahrradverleih-Systeme. Gerade das Citybike Wien, das seit 2003 existiert, ist inzwischen kaum noch aus der Stadt wegzudenken: 120 Stationen gibt es in Wien.

E-Scooter

Bei E-Scootern können Sie im Grunde den Text fürs Bikesharing lesen und dann “Fahrräder” durch “Elektroscooter” oder “E-Tretroller” ersetzen. Gewisse Unterschiede gibt es aber: E-Scooter haben in der Regel keine Stationen, sondern dürfen in bestimmten Zonen frei abgestellt werden. Nachts sammelt der Anbieter sie dann wieder ein, weswegen sie – bis auf einige Ausnahmen – nicht verfügbar sind.

Die Zahl der Tretroller ist in kürzester Zeit explodiert. In Wien sind beispielsweise sieben Anbieter aktiv, darunter die großen US-Konzerne Lime und Bird. Insgesamt gibt es rund 6.000 Scooter in der Hauptstadt (Stand: Juli 2019).

Gut oder Schlecht für Verkehr und Klima?

Die verschiedenen Mobilitätsangebote sind einerseits nützlich für viele Menschen, denn Sie erlauben, sich schneller, komfortabler oder günstiger durch die Stadt (und übers Land) zu bewegen. Die U-Bahn ist weit weg? Kurz auf den Leihscooter und schon sind Sie da. Sie haben einen großen Einkauf vor sich? Schnell das Leihauto per App geliehen und die großen Taschen können kommen.

Darüber hinaus können die Konzepte gut für das Klima sein. Wenn Fahrräder und Scooter Menschen vom Auto weglocken, dann ist das ein Erfolg. Und je mehr Menschen sich ihre Fahrzeuge teilen oder gar auf ein eigenes Auto verzichten, umso besser für den Stadtverkehr und die Umwelt.

Dabei ist umstritten, ob Carsharing, Bikesharing und die anderen Konzepte tatsächlich zu weniger Verkehr führen – oder Menschen, die ansonsten auf Öffis und Fahrrad gesetzt hätten, zurück auf die Straßen locken (bzw. auf die Leihräder/Scooter, welche immer noch eine schlechtere Klimabilanz als Öffis und eigene Fahrräder haben).

Das sieht je nach Stadt und Angebot immer ein klein wenig anders aus. Für Wien kam eine VCÖ-Studie im August 2018 zu dem Schluss, dass Carsharing die Zahl der Autofahrten reduziert.

Gut zu wissen

Hinter den neuen Mobilitätsdiensten stehen oft große Konzerne, z.B. gehören DriveNow und Car2Go, die seit Kurzem unter der Marke “ShareNow” fusioniert sind, zu BMW und Daimler.

Die Sorge vor der Räder- und Rollerinvasion

Ausgerechnet das Bikesharing, das an sich durch einen guten Klimaeffekt auffällt, stand in der Vergangenheit oft in der Kritik. Denn insbesondere bei “stationsfreien” Rädern, die Sie also einfach irgendwo abstellen und mieten dürfen, wurde beklagt, dass diese das Stadtbild stören würden. Räder landeten auch schon mal im Donaukanal oder auf U-Bahn-Gleisen (unsere redaktionsinternen Verkehrsexperten bestätigen, dass beide Orte nicht für das Radfahren geeignet sind). 

Ähnlich war es bei E-Scootern. Wien griff jedoch von Beginn an streng durch, um sicherzustellen, dass es nicht zu einem Rollerchaos kommt – anders als in vielen deutschen Städten, wo falsch geparkte Scooter und waghalsige Touristen für zahlreiche Beschwerden sorgten.

Gut zu wissen

Ein Problem für die Anbieter von Leihrädern war, dass 88 Prozent der Wiener gerne zu Fuß gehen. Das Spazieren und Fahrradfahren konkurrieren um ähnlich kurze Strecken innerhalb der Stadt.

Mobility as a Service: Die Summe aller Teile...

Das, worauf sich Firmen und Politiker bei den verschiedenen Mobilitätsdienstleistungen am meisten freuen, ist, sie zu kombinieren. Denn durch eine smarte Verbindung der Konzepte wird die Fortbewegung durch Städte noch effizienter. Stellen Sie sich vor, Sie könnten mit wenigen Klicks und in ein und derselben App sowohl ein Leihrad, dann ein Öffiticket und zu guter Letzt ein Leihauto mieten.

Das nennt sich “Mobility as a Service”. Das Konzept wird derzeit an zahlreichen Orten getestet, zum Beispiel im schwedischen Göteborg. Dort können Bürger allerlei Dienste in einem Gesamtpaket nutzen. Das Angebot der Firma UbiGo führte zu einer Halbierung der Autonutzung.

Doch wozu so weit weg blicken? In Wien bieten die Wiener Linien “WienMobil” an, eine App, welche verschiedene Mobilitätsformate wie Carsharing, Öffis und Fahrrad verbindet.

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