Wildfrüchte: Verborgene Schätze
Nicht nur Vögel, Eichhörnchen und Füchse erfreuen sich an wild wachsenden Früchten, Beeren und Nüssen – auch unser eigener Speisezettel und die Hausapotheke freuen sich über die heimischen Wildfrüchte.
Mit dem Herbst ist es wieder so weit: Der kleine Jäger und Sammler in uns freut sich über zahlreiche Wildfrüchte am Feld- und Waldesrand. Kaum jemand versteht diese Sammellust besser als Eva Grünberger. Die zertifizierte Naturführerin bittet aber um Rücksicht beim Beerenbrocken: „Sammeln Sie immer mit Gespür für Natur und Umwelt. Nehmen Sie nur die Menge, die Sie auch benötigen. Viele Tiere sind in ihrem Nahrungszyklus auf die Wildfrüchte angewiesen, um für den Winter gewappnet zu sein.“
Nur pflücken, was man wirklich kennt
Es ist wichtig zu wissen, was da eigentlich im eigenen Körbchen landet. Nur so kann sichergestellt werden, dass die selbst gesammelten Schätze richtig verarbeitet werden. Manche Früchte eigenen sich beispielsweise wunderbar für Gelees, Säfte oder Marmeladen – vom Rohgenuss wird aber klar abgeraten. Und es gibt auch viele Wildfrüchte, die für Menschen ungenießbar sind. Die stark giftige Tollkirsche sollte also besser nicht am Teller landen. Kurzum: Finger weg, wenn man sich nicht ganz sicher ist. Grünberger rät außerdem: „Ernten Sie nur voll ausgereifte Früchte, denn sie reifen zu Hause nicht nach. Und meiden Sie die Ränder viel befahrener Straßen – die Früchte dort sind schadstoffbelastet.“
Wegen ihres hohen Vitamingehalts können Waldbeeren als absolute Superfrüchte bezeichnet werden. Auf die richtige Zubereitung zu achten, ist hier besonders wichtig. Karin Pauer, Ernährungswissenschaftlerin und UNIQA VitalCoach, hat für uns die beliebtesten Wildfrüchte und ihre vielseitigen Verwendungsarten zusammengestellt:
Holunder
Holunderblüten: Die intensiv duftenden weißen Blüten blühen im Frühjahr und können als Tee bei grippalen Infekten, Erkältungen und Fieber eingesetzt werden. Dazu zwei Teelöffel getrocknete Holunderblüten mit ca. 200 Milliliter kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten zugedeckt ziehen lassen und abseihen. Entweder trinken oder bei Halsschmerzen damit gurgeln. Umschläge aus kaltem Holunderblüten-Tee sind auch bei Sonnenbrand wirksam.
Kulinarischer Tipp: Marmelade, Sirup, Gelee, Limonade oder auch Holunderessig.
Holunderbeeren: Im Herbst werden aus den Blüten schwarze, aromatische Beeren. Achtung, diese dürfen nicht roh gegessen werden, sondern müssen vor der Weiterverarbeitung gekocht werden. Die herb-bitter schmeckenden Früchte enthalten Kalium und Flavonoide. Holunderbeeren weisen außerdem einen hohen Gehalt an Antioxidantien auf und wirken somit zellschützend. Weitere gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe: Vitamin C, B-Vitamine, Folsäure, Eisen und Kalium.
Kulinarischer Tipp: Aus Holunderbeeren können Saft, Marmelade oder Tee hergestellt werden.
Heidelbeeren
Heidelbeeren brauchen einen kalkigen Untergrund und wachsen häufig flächendeckend. Die kleinen blauen Beeren sind kalorienarm und auch für Diabetiker geeignet. Ihr Genuss wirkt sich außerdem positiv auf die Magen-Darm-Gesundheit aus. Die antibakterielle Wirkung der enthaltenen Gerbstoffe können Durchfallerreger reduzieren. Vor allem getrocknete Heidelbeeren wirken stopfen, während frische Heidelbeeren die Verdauung eher anregen.
Weitere wertvolle Inhaltsstoffe für unsere Gesundheit sind beispielsweise Eisen, Calcium, Kalium, Ballaststoffe und Antioxidantien wie etwa Flavonoide und Phenolsäure.
Kulinarischer Tipp: Ideal zu Joghurt, Topfen oder veganen Alternativen. Man kann sie außerdem ins Porridge, Müsli oder zum Salat geben, in Muffins oder andere Mehlspeisen einarbeiten, Eis garnieren oder die Früchte zu einer leckeren Marmelade weiterverarbeiten.
Maulbeeren
Die länglichen schwarzen Früchte der Maulbeeren gelten zu Recht als echtes „Superfood“. Maulbeeren enthalten wie Rotwein Resveratrol, eine besonders stark antioxidative Substanz, die die Gefäße schützt und das Herz-Kreislauf-System unterstützen kann. Zudem weisen Maulbeeren einen hohen Gehalt an Pektin auf, das nicht nur die Verdauung anregt, sondern auch eine positive Wirkung auf die Blutfette hat. Das Eisen und Vitamin C in der Maulbeere tragen zur Blutbildung bei.
Kulinarischer Tipp: Getrocknete Maulbeeren können wie Rosinen verwendet werden. Sie passen gut zu Müslis, ins Porridge oder auch in den Salat.
Walderdbeeren
Die Walderdbeere ist in vielen Wäldern und an schattigen Plätzchen den Sommer über zu finden. Sie hat einen sehr hohen an Vitamin C Gehalt und stellt dabei sogar Zitronen und Orangen in den Schatten. Weitere gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe sind: Folat, Kalium, Eisen, Magnesium, Calcium und Zink. Ihre Farbe verdankt die Erdbeere den Anthocyanen – das sind sekundäre Pflanzenstoffe, die auch uns zugutekommen, weil sie stark antioxidativ wirken. Aufgrund ihres niedrigen glykämischen Index ist die Erdbeere auch für Diabetiker geeignet.
Kulinarischer Tipp: Schmeckt hervorragend zu Milchprodukten oder veganen Alternativen, zum Salat, ins Müsli oder als Beilage zu Käse.Hagebutten
Im Herbst leuchten die Hagebutten orange-rot aus vielen Hecken. Die farbgebende Substanz in der Hagebutte ist der Wirkstoff Lycopin, der eine gefäßschützende Wirkung hat. Sie enthält mehr Vitamin C als die meisten Zitrusfrüchte und unterstützt somit unser Immunsystem. Weitere gesundheitsfördernde Stoffe sind: Vitamin A, Vitamin B1, Vitamin B2, Eisen, Zink, Natrium. Bei der Verwendung ist darauf zu achten, dass die Kerne und feinen Härchen im Inneren entfernt oder abgeseiht werden. Sie können starken Juckreiz und Halskratzen verursachen.
Kulinarischer Tipp: Tee, Marmelade, Fruchtlikör, Hagebuttenmus.Vogelbeeren
Vogelbeeren sind orangerot, dunkelrot oder gelb und fallen Sammlerinnen und Sammlern meist direkt ins Auge. Neben reichlich Vitamin C und β-Carotin enthält die Frucht eine ganze Reihe weiterer antioxidativer Substanzen. Die Bitterstoffe der Vogelbeere wirken stoffwechsel- und verdauungsanregend. Nach dem ersten Frost schmecken die Früchte süßlich. Diesen Effekt kann auch durch das Erhitzen oder Einfrieren der Vogelbeeren erzielt werden.
Vogelbeeren wirken bei Heiserkeit, sind schleimlösend und halten die Stimmbänder geschmeidig. Redner oder Sänger können mit einigen Beeren täglich ihre Stimmbänder fit halten. Getrocknete Vogelbeeren regen zudem die Nierentätigkeit an.
Wichtig: Da die Parasorbinsäure zu Magenschmerzen führen kann ist es wichtig die Vogelbeeren vor ihrer Weiterverarbeitung zu kochen!
Kulinarischer Tipp: Vogelbeeren schmecken getrocknet oder als Marmelade, Likör, Schnaps und Süßspeise besonders gut.
Preiselbeeren
Preiselbeeren gelten als beliebte Beilage zu den verschiedensten Gerichten. Was aber nur die Wenigsten wissen: Die Früchte dieses Heidekrautgewächs enthalten wertvolle Inhaltsstoffe wie Flavonoide, β-Carotin, Vitamin C, Kalium, Magnesium, Calcium, Phosphor, Salicylsäure. Die Salicylsäure ist schmerzlindernd. Bereits Hildegard von Bingen hat die Preiselbeere deshalb bei Menstruationsbeschwerden eingesetzt. Bei Blasenentzündungen helfen die in der Preiselbeere enthaltenen Gerbstoffe Entzündungen zu reduzieren. Darüber hinaus wirken die Beeren harntreibend, wodurch eine rasche Linderung der Beschwerden erzielt werden kann.
Kulinarischer Tipp: Preiselbeeren schmecken als Tee, Marmelade, Sorbet oder in einem erfrischenden Smoothie besonders gut.
Zur Person:
Mag. Eva Grünberger ist zertifizierte Naturführerin, Köchin und Inhaberin der Wachauer Lebensmittelmanufaktur Donaugarten.
Mag. Karin Pauer ist Ernährungswissenschaftlerin, Personaltrainerin und UNIQA VitalCoach. Ihr Motto ist: „Gewinn an Lebensfreude durch Nahrung, die uns nährt, und Bewegung, die uns stärkt.“