Wieviel Nähe verträgt eine Partnerschaft?
Ein Kernthema in Partnerschaften: Zu eng oder zu weit? Wie wichtig ist die Auszeit von der Zweisamkeit?
Pendeln zwischen Nähe und Distanz – ein Balanceakt, den die meisten Paare nur zu gut kennen. Berücksichtigen müsse man dabei grundsätzlich jedoch die drei unterschiedlichen Beziehungstypen, meint der Hamburger Liebescoach Eric Hegmann in seinem Blog:
- Der ängstliche Beziehungstyp braucht viel Nähe und sorgt sich immerzu, ob er genug geliebt wird.
- Der vermeidende Typ empfindet Nähe als Angriff auf seine Individualität, leidet aber auch darunter und sendet daher zweideutige Signale.
- Der sichere Beziehungstyp ist – laut Hegmann – der einzige, der lange harmonische Partnerschaften führt, weil er Nähe zulassen und geben kann.
Die richtige Mischung finden
Doch egal in welchem Typ man sich persönlich am stärksten wiederfindet: In manchen Situationen kommt keiner auf seine Kosten. Nicht umsonst ist dieses Thema das häufigste in Paarberatungen, bestätigt Elke Kroißenbrunner, systemische Familienberaterin: „Am Anfang ist noch alles ok – frisch Verliebte wollen rund um die Uhr zusammen sein. Später wird es oft schwierig. Die Frage ist dann: Stelle ich mich dem Problem?“ Oft werde das Thema nicht ausreichend angesprochen – man leidet still und heimlich unter seinem nicht ausreichend befriedigten Nähe- und/oder Freiheits-Bedürfnis. Das macht Partner unausgeglichen, mitunter auch aggressiv…
Kroißenbrunner rät, miteinander Gespräche zu vereinbaren, in denen offen und wertschätzend darüber gesprochen wird, wie es jedem mit dem anderen und seinem Nähe- bzw. Distanzwunsch geht.
Ein klares Ja
Außerdem empfiehlt die Expertin, sich bei diversen Unzulänglichkeiten immer auch bewusst zu machen, dass man seinen aktuellen Lebensmenschen selbst gewählt hat. „Man muss von Zeit zu Zeit selber reflektieren. Was sind überhaupt meine Vorstellungen und wie kann ich am besten mit jenen Bedürfnissen umgehen, die ich in der Partnerschaft nicht befriedigend erfüllt bekomme? Dabei dürfe man sich selbst auch nicht aus den Augen verlieren: „Wichtig ist ein klares Ja zum Partner, aber auch ein klares Ja zu meinem Eigenleben.“ Diese Haltung müsse für den Partner spürbar sein.
Zeit zum Durchschnaufen
Sollte sich etwas verändern, in der Lebenssituation oder im Verhalten des anderen, so gilt auch hier: Miteinander reden, hinterfragen, was im anderen vorgeht. Bei massiven Veränderungen und erhöhtem Leidensdruck sei Hilfe von außen nötig.
Eine entscheidende Phase sei auch jene, in der die Geburt eines Kindes die Regeln einer Partnerschaft neu definiert. Dabei ordnet sich auch die Idee von Nähe und Distanz neu. Oftmals benötigen die Partner – abgesehen von der gemeinsamen Auszeit – wieder mehr Zeit für sich selber, um einfach nur durchschnaufen zu können. In dieser Phase sei es besonders wichtig, auf die eignen Bedürfnisse zu hören und sich zu gestatten, diese auch zu leben.
Zu den Personen
Elke Kroißenbrunner, MSA ist systemische Familientherapeutin und leitet das Institut für Familienfragen in Wien. Eric Hegmann ist gelernter Schauspieler und Paarberater, Beziehungs- und Single-Coach. Er gründete die Modern Love School.