Mit der Pisten-Harley
Wie cool es ist, mit zwanzig Kilo Stahl unter dem Hintern einen Berg hinunter zu sausen, weiß niemand besser als UNIQA Beraterin und Skibob-Weltmeisterin Aneta Havlíčková.
„Es ist ein bisschen wie Motorradfahren, aber mit viel mehr Neigung. Man hat ein ganz anderes Gefühl für die Geschwindigkeit und die Linie als beim Skifahren, und der Schwung kommt nicht aus den Füßen heraus, sondern aus dem Gesäß, wo auch das komplette Gewicht liegt“, versucht Aneta Havlíčková zu beschreiben, wie es sich anfühlt, zwanzig Kilo Stahl unter dem Hintern zu haben, sprich: mit einem Skibob zu fahren. Die 29-Jährige muss es wissen, denn seit ihrem achten Lebensjahr saust sie mit dem Skibob die Pisten hinunter und hat dabei schon etliche Titel geholt. Unter anderem Gold in Super-G und Kombination, Silber in Slalom und Riesentorlauf bei der Skibob WM 2019 in Nassfeld sowie den Gesamtweltcup 2020.
Das Skibobfahren ist ihr quasi in die Wiege gelegt worden, schließlich stammt sie aus Deštné, einem Ort im Adlergebirge in Tschechien, der bekannt ist fürs Skibobfahren.
Vom Skivelo zum Sitzski
Zur Erinnerung, ein Skibob ist dieses Wintersportgerät, das an ein Fahrrad erinnert. Zugegeben, die ersten „Skivelos“, die 1892 die Hänge hinunterfuhren, sahen auch aus wie Fahrräder, nur war das Vorderrad durch eine Kufe ersetzt worden, und unter dem Hinterrad befand sich ebenfalls eine Kufe. 1949 erblickte dann der „Sitzski“ das Licht der Welt, auf den die heutigen Skibob-Modelle zurückgehen. Von manchem wird der Skibob als „Pistenmoped“ belächelt, dabei entspricht der Drive, den das 20 Kilo schwere Stahlgerät unter fachkundiger Führung entwickeln kann, eher an eine Harley.
Die größte Beliebtheit hatte der Skibob etwa zwischen 1965 und 1975, als sogar Rennen im Fernsehen übertragen wurden. Lange vor der Zeit also, als Aneta Havlíčková zur Welt kam und natürlich zuerst einmal auf Skiern stand. „Das hat mir aber nicht so viel Spaß gemacht, die Konkurrenz war zu groß, auch bei den Rennen. Dann bin ich mit acht Jahren auf Skibob umgestiegen, und plötzlich war ich die Kleinste und das einzige Mädchen unter lauter Buben. In dem Alter waren wir vielleicht fünf Mädels in Tschechien und ich hab die ersten Medaillen heimgebracht“, erinnert sie sich.
„Da gfallt's ma“
Durch ihre Erfolge (zahlreiche Titel im tschechischen Jugendkader) kam sie auch zu Rennen und Trainingslagern nach Österreich, und da unter anderem nach Zell am See: „Da hab i scho gewusst, da gfallt's ma“, sagt sie. Die junge Spitzensportlerin lebt seit mittlerweile 10 Jahren in den österreichischen Bergen, konkret in Fusch an der Glocknerstraße, also gar nicht weit von Zell am See entfernt.
Mit der Matura in der Tasche kam sie nach Fusch und musste erfahren, dass diese – EU hin oder her – nicht anerkannt wurde. Daraufhin jobbte sie erst im Tourismus und machte dann eine Lehre zur Friseurin. Nach fünf Jahren in diesem Gewerbe wechselte sie 2017 zu UNIQA und ist seither als Beraterin tätig.
Auf den Punkt bringen
Ihr Sport hat Aneta Havlíčková vieles gelehrt, von dem sie auch in ihrem Beruf profitiert: „Ohne Training und ohne Ausprobieren geht gar nichts. Man kann noch so viel trainieren, wenn es einem nicht gelingt, bei einem Rennen die Leistung auf den Punkt zu bringen, nutzt das alles nichts. In einem Kundengespräch ist es ähnlich. Auch da habe ich vielleicht nur einen Versuch. Und je mehr ich trainiere, je mehr Routine ich bekomme, desto besser werde ich. Das gilt genauso in meinem Beruf.“
Zwanzig Kilo Stahl
Auch wenn Skibobfahren unter Spitzensport fällt, sind die nationalen Kader klein. Aneta Havlíčková fährt nach wie vor für Tschechien, trainiert allerdings zusammen mit den österreichischen Skibobfahrern: „Wir kennen uns alle und sind miteinander befreundet. Wir fahren gemeinsam zum Training und sogar gemeinsam zu den Rennen. Erst auf der Piste werden wir zu Konkurrenten.“
Nach 21 Jahren mit dem Skibob findet sie ihn unverändert cool: „Es ist kein Massensport, sondern etwas Besonderes und die Leute schauen, wenn man damit die Piste hinuntersaust. Besonders als Frau. Und beim Fahren bekommt man einen richtigen Adrenalinschub.“ Eben wie mit einer Pisten-Harley.
Wordrap
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