Nachhaltiger Urlaub: Worauf muss ich achten? 

Ist mein Reiseabenteuer ökologisch verträglich? Auf welche Kriterien ist bei nachhaltigem Urlaub zu achten? Wir haben nachgefragt.

Mann entspannt bei Bach während nachhaltigem Hütten-Urlaub

Nachhaltig reisen. Green travel. Den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich halten. Bloß: Was bedeutet das konkret? Julia Balatka ist Beraterin für das Österreichische Umweltzeichen und Inhaberin von jbtravel, einem Wiener Reisebüro, das auf sozial und ökologisch verträgliches Reisen spezialisiert ist. Sie klärt für uns die wichtigsten Fragen, um die Wunder der Welt zu sehen – und sie auch für die Nachwelt noch möglichst lange zu erhalten. 

Reise ich nur nachhaltig, wenn ich auf Fliegen verzichte?

Balatka: Nein. Zwar verursachen Flugreisen den größten Anteil der Treibhausgase bei der An- und Abreise, aber deswegen zu sagen: Fliegen ist böse, Zug- und Busfahren ist gut, wäre zu kurz gegriffen. Denn beim Reisen gilt es nicht nur die Emissionen für die Route zu berechnen. Es geht auch um die Infrastruktur dahinter und die Fläche, die für die jeweiligen Fortbewegungsmittel benötigt wird. Würden wir in Europa den Flugverkehr zum Beispiel komplett einstellen, dann hätte das Schienennetz aktuell gar nicht die Kapazitäten, alle Reisenden zu befördern. Es müssten mehr Gleise gebaut werden und die Züge nonstop fahren.
Oder ein anderes Beispiel: Da durch die Pandemie in den vergangenen zwei Jahre weniger Menschen nach Afrika gereist sind, wurde beobachtet, dass Wilderei und Abholzung zunehmen. Nationalparks hatten durch ausbleibende Besucher:innen keine Einnahmen mehr haben, um ihre Ranger nicht mehr bezahlen können.

Wichtig ist es also, sich die Zusammenhänge bewusst zu machen – und mit diesem Wissen eine möglichst ökologische Reiseroute zu wählen.

Tipps für nachhaltigere An- und Abreise

1. Alternierend reisen und direkt fliegen 

Als Faustregel gilt: Alle drei Jahre eine Fernreise machen – und dazwischen alternierend reisen. Das heißt, in einem Jahr wähle ich ein nahes Ziel, im Jahr darauf eine Mittelstrecke in Europa, die eventuell sogar mit dem Zug zu erreichen ist. Im dritten Jahr darf eine Fernreise geplant werden, weil weite Distanzen nun Mal die meisten Emissionen verursachen. Bei Flügen sollte man auch möglichst eine Direktverbindung wählen, auch das spart Emissionen bei Start und Landung für Zwischenstopps.

2. Check der Fluglinie

Wer wissen will, wie ökologisch eine Airline arbeitet, kann sich auf der Website der Klimaschutz-Organisation atmosfair.de informieren: Hier werden die 190 größten Airlines der Welt u.a. nach ihrer Klimaeffizienz, also den CO₂-Emissionen pro Transportleistung, gelistet.

3.  Emissionen mit Kompensationszahlungen ausgleichen.

Man kann bei atmosfair.de auch den CO₂-Fußabdruck des geplanten Flugs berechnen und die Emissionen mit Kompensationszahlungen „ausgleichen“ bzw. dies auf der Website der jeweiligen Airline tun. Balatka: „Mit diesen Kompensationszahlungen werden Klimaprojekte in der ganzen Welt finanziert und – solange es noch keine gesetzliche Handhabe gibt – sind sie ein wichtiges Mittel, um den Klimaschutz voranzutreiben.“ 

3 Kriterien, die einen Urlaub nachhaltig machen 

Nachhaltig Reisen bedeutet nicht nur umweltschonend von A nach B zu kommen. Auch die Wahl des Urlaubsorts und der Unterkunft tragen zu einem nachhaltigeren Aufenthalt bei.

1. Arbeitet die Unterkunft nachhaltig?

„Auch die Unterkünfte produzieren Emissionen. Besonders viel durch täglichen Wäschewechsel oder üppige Buffets, bei denen viel Essen weggeworfen werden muss“, erklärt Balatka. „Als Faustregel gilt: Je größer das Hotel, je mehr Sterne es hat und je höher der gebotene Standard ist, desto weniger nachhaltig ist die Sache. Außer, es gibt spezielle Initiativen, um gegenzusteuern.“ Die Handtücher sollten also nur bei Bedarf gewechselt werden, Essensreste an einen angebundenen Bauernhof übergeben werden können und die Bettwäsche nur einmal in der Woche statt täglich erneuert werden.  

2. Wird am Zielort soziale Nachhaltigkeit gelebt?

Finden sich noch Bäcker und Nahversorger oder gibt es nur ein Souvenirgeschäft neben dem anderen? „Hier kann man einfach mit GoogleMaps recherchieren, wenn man die Zielregion noch nicht kennt oder  Bewertungen der Region lesen, um sich ein besseres Bild zu machen“, so Balatka.

3. Lassen sich Freizeit-Aktivitäten klimafreundlich gestalten?

Habe ich viele emissionsfreie Angebote wie Kajakfahren statt Motorboot, Radfahren statt Motorroller? 

Labels für nachhaltige Tourismus-Betriebe

Nachhaltigkeits-Zertifikate in Österreich

Hierzulande sind die bekanntesten Öko-Zertifikate das Österreichische Umweltzeichen sowie das EU-Ecolabel. Beide werden an Hotels, Campingplätze und Restaurants verliehen und richten ihr Augenmerk auf verantwortungsvollen Umgang mit Wasser und Energie, Abfallminimierung sowie auf die Verwendung saisonaler Lebensmittel.

Nachhaltigkeits-Zertifikate im Ausland

Weil es im Tourismus mittlerweile sehr viele Umwelt-Labels gibt, empfiehlt Balatka einen kurzen Check beim „Labelführer“ der Plattform FairUnterwegs. Hier werden rund 20 internationale Öko-Zeichen unter die Lupe genommen: Zielt das Label rein auf Umweltschutz ab oder setzt es sich für soziale Gerechtigkeit ein? Wird das Label von Dritten regelmäßig überprüft?

Leuchtturm-Projekte für nachhaltigen Tourismus

In Österreich gibt es mittlerweile einige Regionen, die federführend in Sachen Klimaschutz arbeiten. Ein Projekt sind etwa die Alpine Pearls. Dabei bieten 19 Orte in der Alpenregion – in Slowenien, Italien, Deutschland und Österreich – eine umweltfreundliche und einfache Anreise per Bus oder Bahn an. Vor Ort wird Mobilität mit speziellen Shuttles oder beispielsweise mit Elektroautos garantiert. In Österreich gehört etwa Werfenweng zu diesem Zusammenschluss. Im Nationalpark Hohe Tauern in Kärnten wiederum setzt man auf „Null-Kilometer-Menüs“ in sämtlichen Lokalen – mit Zutaten, die wirklich nur aus der Region stammen.

Camping und Selbstversorger-Hütten: Die nachhaltigsten Reise-Form? 

Camping und Selbstversorger-Hütten sind eine gute Möglichkeit, um viel richtig zu machen. Indem man etwa die Ausrüstung nicht gleich neu anschafft, sondern ausleiht. „Und wer bei der Wahl des Standorts darauf achtet, dass es nicht in einem ökologisch sensiblen Gebiet – in Mooren oder höheren Alpenlagen, wo viel niedergetrampelt werden kann  – liegt, ist ebenfalls auf einem guten Weg“, so Balatka.
Zählt man alle Faktoren zusammen, haben Selbstversorger-Hütten die beste Öko-Bilanz, weil sie kaum Strom und Wasser verbrauchen. Und sofern für den Transport von Lebensmitteln und Gepäck zur Hütte nicht zehn Autofahrten nötig sind, ist die Sache absolut nachhaltig.

Ebenfalls einen Blick wert: Thermen. Sitzt der Betrieb an einer echten, heißen Quelle, braucht er quasi null Energie, um zu heizen und die Therme zu betreiben. Aber man sollte auch hier auf das Ökozeichen achten.

Balatkas ultimativer Tipp für eine umweltfreundliche Auszeit ist Folgender: Bei Freund:innen, Verwandten oder Bekannten als Gast zu schlafen: „Dafür muss nichts extra neu gebaut werden – und man vertieft obendrein wunderbar die sozialen Kontakte.“

Julia Balatka
Julia Balatka © August Lechner


Die Expertin

Julia Balatka ist gelernte Tourismusmanagerin und Inhaberin von jbtravel, einem Reisebüro in Wien, das auf nachhaltiges Reisen spezialisiert ist. Sie war im Fachausschuss des Österreichischen Umweltzeichen für Reisen und ist anerkannte Beraterin für dieses Label. Ihr Credo: „Wenn möglichst sanft und ressourcenschonend gereist wird, können auch zukünftige Generationen die Schönheit unseres Planeten bewundern.“ 

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