Mein Geld? Dein Geld? Unser Geld?
Geldfragen zählen zu den Stolperfallen jeder Partnerschaft. Um sie zu entschärfen, hat Finanzpsychologin Birgit Bruckner einige Tipps für uns.
Rosa Brille vor den Augen und Schmetterlinge im Bauch. In dieser Phase des Verliebtseins möchte kein Paar an Scheidung und Kontentrennung denken. Dennoch wäre es wichtig, den Umgang mit Geld in der Beziehung zu regeln, solange die Zeichen noch auf Sonnenschein und nicht auf Sturm stehen. Besonders für Frauen, denn gerade sie sind es, die aufgrund von unbezahlter (Care) Arbeit bei einer Trennung oder Scheidung häufig den Kürzeren ziehen. Und sei es in späteren Jahren als Mindestpensionistinnen – Stichwort: Equal Pension Day (siehe unten).
Zeichen der Zuneigung
Die wenigsten Menschen befassen sich mit den Fragen: "Wie groß ist mein finanzielles Polster? Wie lange möchte ich arbeiten? Wie hoch wird meine Pension ausfallen?". Denn solche Themen rufen Angst und Unsicherheit hervor. „Auch am Beginn einer Beziehung denken wir ungern an ein mögliches Scheitern“, erklärt Birgit Bruckner, „weshalb wir Gespräche über Finanzfragen vermeiden bzw. gerne aufschieben. Ganz anders fühlt es sich an, wenn wir es jedoch als Zeichen der Zuneigung betrachten, uns gemeinsam hinzusetzen und das Thema Finanzen anzuschauen, und als Vorsorge, damit die Beziehung gut bleibt.“ Auf diese Weise können wiederkehrende Konflikte ausgeräumt werden, zum Bespiel wenn es darum geht, wer für welche Kosten verantwortlich ist oder wie unbezahlte Arbeit abgegolten wird.
So hart es klingt: Die eigene Familie ist für viele Frauen eine Pensionsfalle. Auch wenn es viele Herausforderungen gibt, möchten wir Möglichkeiten aufzeigen, wie Frauen eine eigene Familie UND eine gute Pension haben können.
Erfolgreiche Finanzgemeinschaft
„Allerdings sollten solche Gespräche nicht nur die Verluste thematisieren, sondern auch die Gewinne, das heißt positiv statt negativ besetzt sein. Also, welche gemeinsamen Sparziele wollen wir erreichen, was wollen wir uns leisten? Denn ein Paar ist immer auch eine Finanzgemeinschaft, die gemeinsam Ziele erreichen kann“, sagt die Finanzpsychologin.
Erbsenzähler und Geldmessie
Viele Menschen sind sich über ihre eigenen finanziellen Verhältnisse nicht im Klaren. Oft wissen wir auch nicht, was für ein Finanztyp wir sind – ob Erbsenzähler oder Geldmessie. Klug ist es deshalb, uns vorerst einmal selbst im Detail anzuschauen, wofür wir monatlich wie viel Geld ausgeben. Wenn man die eigenen Schwachstellen, Vorlieben und Stärken kennt, ist es einfacher, auch mit denen des:der Anderen umzugehen.
Ergebnisoffene Gespräche
Der nächste Schritt ist dann die Themenstruktur: Welches Finanzthema wollen wir uns gemeinsam anschauen und es angehen? Beispielsweise der Urlaub. Möchten wir dabei Rundumversorgung haben oder sind wir Selbstversorger? Und wie werden die Urlaubskosten geteilt, 50:50 oder berücksichtigen wir die Einkommensunterschiede?
Birgit Bruckner: „Ein Fehler, der häufig gemacht wird, ist, dass wir ein Gespräch beginnen, um ein Ergebnis zu erzielen. Einfacher ist es, zu schauen, wo uns das Gespräch hinführt und auf welchen Punkt wir kommen, um vielleicht erst beim nächsten Gespräch dort fortzusetzen.“
Finanzgespräche üben
Generell sind Finanzen ein heikles Thema, denn in unserem Kulturkreis gehören Gespräche über Geld meist nicht zum guten Ton. Daher fehlt es vielen von uns an Routine und Erfahrung damit, weshalb wir im Job wie privat mit Anspannung in Geldgespräche gehen. Der Tipp der Finanzpsychologin: „Üben Sie, mit guten Freunden oder Freundinnen über Geldfragen zu reden. Auf diese Weise erfahren Sie, wie andere Paare mit dem Thema umgehen und bekommen auch Übung darin, sich über Finanzthemen auszutauschen.“
Wir sprechen im UNIQA Podcast mit Michael Rohrmoser darüber, wie man überhaupt startet, wie viel angespart werden sollte und was grüne Vorsorge bedeutet.
Männerthema Geld?
Dazu kommt das traditionelle Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Themen. Stereotypmäßig wird etwa das Thema Geld, so wie es bei Technik der Fall ist, eher den Männern zugeordnet, während Haushalt, Care Arbeit oder Kindererziehung traditionell weibliche Themenfelder sind.
Birgit Bruckner: „Menschen, die erwerbstätig sind, sind viel stärker mit dem Thema Geld konfrontiert, allein schon durch ihr Einkommen. Frauen, die mehrfach belastet sind, mit Kindern, Pflege oder Mental Load haben meist wenig Zeit oder Energie, um sich auch noch um das Thema Finanzen zu kümmern. Für sie stehen viele andere Themen im Vordergrund, was im Falle einer Scheidung oder dem Pensionsantritt Probleme mit sich bringen kann. Mein Tipp lautet: Egal, wo ich anfange, Hauptsache ich fange an. Jeder kleine Schritt ist ein Schritt. Es gibt gute Finanzportale im Internet, die Basiswissen vermitteln. Eine halbe Stunde Information pro Woche macht schon einen Unterschied, und wenn man nur fünfzig Euro pro Monat zurücklegen kann, ist auch das bereits ein wichtiger Schritt in Richtung Vorsorge.“
Am 6. August war heuer der Equal Pension Day. Also der Tag, an dem ein Mann hierzulande im laufenden Jahr so viel Pension bekommen hat, wie eine Frau erst am 31. Dezember desselben Jahres. An diesem Tag wird jährlich die Entwicklung der Pensionsunterschiede zwischen Männern und Frauen aufgezeigt.
Warum die Tatsache, dass Frauen in Österreich im Durchschnitt um rund 40 Prozent weniger Pensionen bekommen als Männer, noch viel zu wenig im gesellschaftlichen Bewusstsein angekommen ist, sieht Finanzexpertin Birgit Bruckner so: „In Österreich sind patriarchale Strukturen noch immer stark im Bewusstsein verankert. Bis vor wenigen Jahrzehnten waren beispielsweise Ehescheidungen nicht an der Tagesordnung und wenn, wurde darüber nicht gesprochen, sodass Altersarmut ein verdecktes Thema war. Auch ist die Frauenbewegung, die viele Themen aufs Tapet gebracht und Gleichberechtigung in verschiedenen Bereichen erreicht hat, noch längst nicht so alt wie es einem vorkommen mag. Durch demografische Veränderungen, geänderte Durchrechnungszeiten bei der Pension und überhaupt Veränderung des Sozialstaates beginnt das Sozialsystem zu bröckeln, doch zugleich wird die mediale Präsenz der Frauen stärker und ihre Stimmen lauter. Dadurch rückt auch stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein, wie groß die Gruppe der Mindestpensionistinnen eigentlich ist.“
Zur Person:
Mag. Birgit Bruckner ist Diplompsychologin mit siebenjähriger Finanzmarkterfahrung in unterschiedlichen Bereichen, von Wertpapierhandel bis Family Office. Ihre Kund:innen profitieren aus der Synergie ihrer beiden Professionen: Psychologie und Finanzwirtschaft. In Seminaren und Coachings zeigt Sie ihnen, wie sie das Thema Geld von Sparen bis Investieren nachhaltig, mit dem Wissen aus der Finanzpsychologie, gestalten können.