Retro-Food: Fitnesskur für Omas deftige Küchenklassiker
Rezepte aus alten Kochbüchern kommen wieder in Mode. Spitzenkoch Alexander Gründler verrät, mit welchen kleinen Kunstgriffen das beliebte Retrofood auch dann bedenkenlos zu genießen ist, wenn man auf gesunde Ernährung Wert legt.
So viel Freude Omas Küchenklassiker vom Schweinsbraten bis zum Guglhupf auf dem Gaumen auch machen – ihnen haftet das Vorurteil an, schwer im Magen zu liegen. Und das nicht ganz zu Unrecht, denn viele der Rezepte aus der „guten alten Zeit“ waren darauf ausgelegt, ausreichend zu sättigen und Energie für schwere körperliche Arbeit zu liefern. Dafür brauchte es viel Fett und jede Menge Kohlehydrate, die als sogenannte Sättigungsbeilagen auf den Teller kamen.
„Das hat sich sehr verändert“, sagt Haubenkoch Alexander Gründler aus Achenkirch am Achensee in Tirol: „Heute steht beim Essen die Frische des Geschmacks im Vordergrund und nicht mehr die reine Nahrungsaufnahme, die an die Anforderungen des Arbeitslebens angepasst war.“ Und oft, verrät der Küchenchef des Kulinarikhotels Alpin, braucht es nur ein paar kleine Kunstgriffe, um Omas Klassiker fit für unser neues Gesundheitsbewusstsein zu machen.
Kalorienbomben einfach abändern
Man nehme als Beispiel ein gekochtes Rindfleisch mit Gurkensauce. Das klingt durchaus nach einer Speise für Ernährungsbewusste. Aber zu Omas Zeiten konnte das eine ziemliche Kalorienbombe sein, wenn das Fleisch fett war und die Sauce mit reichlich Mehl eingedickt wurde. „Da kann man schon sehr viel erreichen, indem man die Mehlspitzen wegnimmt und Mehl, wenn überhaupt, nur in kleinen Dosen einsetzt“, sagt Gründler: „Das betrifft praktisch alle Saucengerichte aus dieser Zeit. Auch wurde zum Beispiel eine Gemüsesuppe mit Mehl eingekocht.“ Deshalb der Tipp des Küchenprofis: Fett reduzieren! Und zwar von der Auswahl des Fleisches bis hin zur sparsamen Verwendung von Butter und Sahne. Bei Suppen und Saucen den Einsatz von Mehl zurückfahren oder, wenn es geht, ganz vermeiden.
Klassiker bewusst genießen
Bei der Fitnesskur für Omas deftige Speisen ist aber auch Fingerspitzengefühl gefragt. Denn man könnte natürlich da und dort manches in der Zubereitung verändern und dadurch gesünder machen – aber ein Schnitzel gehört nun einmal in Butterschmalz herausgebrutzelt, und auch am Schweinsbraten mit Sauerkraut und Knödel sollte man nicht herumdoktern: „Es gibt Klassiker, bei denen man nicht viel machen kann, wenn der Charakter erhalten bleiben soll“, sagt auch Gründler: „Da muss man halt dosieren und sagen: Ich nehme lieber das Originalrezept, aber ich esse das Gericht nicht jeden Tag.“
Omas gesunde Geheimnisse entdecken
Auf der Reise durch Omas Kochbuch lassen sich auch kleine Küchengeheimnisse entdecken, die den Beigeschmack der ungesunden Küche wieder eliminieren. Auch Haubenkoch Gründler wurde da schon fündig: „Vor 100 Jahren wurde noch alles mit Vollkornmehl gemacht – das verschwand dann völlig und kommt jetzt langsam wieder.“ Auch in der Küche ihres Hotels haben Gründler und sein Vater Achim auf dieses Mehl umgestellt: „Es ist gesünder und man braucht deutlich weniger.“
Wenn es um die gesunden Geheimnisse aus Omas Zeiten geht, führt kein Weg an den Kräutern vorbei. „Es gibt fast für jedes Gericht das passende Kraut“, verrät Gründler: „Wir haben auf diese Art den Beifuß wiederentdeckt, der die Verdauung von Geflügel erleichtert und bei uns speziell in der Enten- und Ganslzeit nicht mehr wegzudenken ist.“
Das Schwere (und schwer Verdauliche) an Omas Küche lässt sich in vielen Fällen beheben, indem man Fett und Mehl reduziert. Manche Gerichte muss man aber gemäß dem Originalrezept zubereiten, um deren Charakter zu erhalten. Mit Kräutern oder Gewürzen wie Kümmel lässt sich dabei aber nicht nur der Geschmack verfeinern, sondern auch die Bekömmlichkeit erhöhen.
Zur Person:
Alexander Gründler leitet in Doppelspitze mit seinem Vater Achim die Küche im Kulinarikhotel Alpin am Achensee in Tirol. Das Gourmetstüberl im Haus wurde von Gault Millau mit drei Hauben ausgezeichnet. Die Gründlers legen sehr viel Wert auf regionale Küchen-Rohstoffe und auf so manches Küchengeheimnis aus Omas Zeiten.