Studie: Die Pensionsfalle ist weiblich, Finanzwissen schafft Unabhängigkeit
Der Equal Pay Day fällt heuer auf den 25. Oktober. Dieser Tag markiert symbolisch den Zeitpunkt, ab dem Frauen in Österreich bis zum Jahresende „gratis“ arbeiten. Durch geringere Löhne, Teilzeitarbeit oder Zeiten gänzlich ohne Einkommen durch Kinder- oder Angehörigenpflege sind viele Frauen von Altersarmut gefährdet.
Frauen erhalten im Schnitt um 32 Prozent weniger Pension als Männer, für jede zweite Frau bedeutet das, im Alter mit weniger als 1.000 Euro über die Runden kommen zu müssen. Trotzdem beschäftigt sich aktuell nur jede vierte Frau in Österreich intensiv mit ihrer finanziellen Altersvorsorge. Das ist das Ergebnis einer aktuellen, von UNIQA beauftragten Studie zur Finanzvorsorge, die besonders bei Frauen dringenden Handlungsbedarf aufzeigt.
Für die österreichweit repräsentative Studie, durchgeführt vom Marktforschungsinstitut MindTake, wurden insgesamt 3.051 Frauen und Männer zwischen 16-60 Jahren befragt (Befragungszeitraum 13.08.-3.9.2021).
Hier einige der Ergebnisse im Detail:
Private Vorsorge ist wichtig, aber schwer leistbar
3 von 4 Befragten ist das Thema finanzielle Vorsorge sehr wichtig. Etwa 60 Prozent (Frauen: 62%, Männer: 56%) gehen davon aus, dass sie in der Pension weniger Geld zur Verfügung haben werden als während des Erwerbslebens – aber nur jede vierte Frau bzw. jeder dritte Mann hat sich bereits intensiv damit beschäftigt. Der Hauptgrund dafür sind zu geringe finanzielle Mittel. Frauen haben häufiger weniger Geld für eine private Finanzvorsorge zur Verfügung (Frauen: 28%, Männer 20%). Nur ein Drittel gibt an, derzeit überhaupt eine regelmäßige Zahlung zur Vorsorge im monatlichen Budget einplanen zu können!
Finanzthemen stehen nicht am Wochenplan
Ein weiterer Grund dafür, warum sich Frauen weniger mit dem Thema beschäftigen, ist der eigene Wissensstand. Obwohl die Hälfte aller Befragten angibt zu wissen, wo sie sich über Finanzthemen informieren können, hat nur ein Viertel der Frauen und ein Drittel der Männer Ahnung davon, wie sie konkret vorsorgen können. Nur ein Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen hat eine Vorstellung von der tatsächlich zu erwartenden Pensionshöhe. Paradox erscheint deshalb: Nur 40 Prozent der Männer und 31 Prozent der Frauen stufen das staatliche Pensionssystem als sicher ein!
Jede:r zweite (Frauen: 52% vs. Männer: 48%) gibt an, sich mangels Motivation, Zeit oder aufgrund der Komplexität des Themas nicht mit der eigenen Finanzvorsorge zu beschäftigen, selbst wenn die finanziellen Mittel vorhanden wären. Knapp 40 Prozent der Männer, aber nur ein Viertel der Frauen beschäftigen sich mindestens einmal pro Woche mit dem Thema Finanzen. Etwa jede fünfte Frau (22%) beschäftigt sich maximal einmal im Jahr mit ihren Finanzen.
Frauen sehen ihren Partner als Finanzberater Nr. 1, Männer das Internet
Obwohl Frauen sich intensiver mit ihren Finanzen auseinandersetzen sollten, hat jede vierte Frau noch nie eine professionelle finanzielle Beratung in Anspruch genommen. Sie schätzen ihr Wissen generell geringer ein und sind unsicherer, wo sie sich informieren können. Jede dritte Frau (34%) informiert sich daher als erstes bei ihrem, zumeist männlichen, Partner über Finanzthemen. Nur jede vierte Frau (25%) recherchiert selbst im Internet. Männer informieren sich im Gegensatz dazu häufiger im Internet (39%) und suchen dann erst die Partnerin/den Partner (34%) als Informationsquelle auf.
Mehr Finanzwissen bei Kindern und Jugendlichen
Beide Geschlechter sind sich einig (69%), dass Eltern und Schulen den Kindern und Jugendlichen Finanzwissen vermitteln sollten. Die Hälfte der Befragten hätte gerne schon als Kind oder in der Jugend mehr Wissen über Finanzthemen vermittelt bekommen. Zwei Drittel sehen Schule und Eltern gleichermaßen in der Pflicht bei der finanziellen Grundbildung von Kindern.
Der massive Faktor: Die Familie als Pensionsfalle?
Im Gendersplit wird deutlich, was wir leider ohnehin oft hören oder lesen: Vor allem Frauen mit Kindern haben mit ihrer finanziellen Vorsorge zu kämpfen. Die Kinderbetreuung oder auch die Pflege von Angehörigen führen oft zwangsläufig in Teilzeitanstellung oder schlechter bezahlte Tätigkeiten und damit in besagten Gender Pay bzw. später Pension Pay Gap. Jede dritte Frau ist aktuell auf das Einkommen ihres Partners angewiesen! 58 Prozent der Frauen in Teilzeit erwarten finanzielle Nachteile gegenüber dem Partner in der Pension. Trotzdem nehmen 75 Prozent der Frauen diese zumindest teilweise in Kauf, um die Zeit mit den Kindern zu verbringen.
Mehr zum Thema und mögliche Auswege aus der Pensionsfalle haben wir hier zusammengestellt: Die Familie als Pensionsfalle?
Wie lässt sich ein Altern in Würde realisieren?
Die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache: Die Bevölkerung wird immer älter, es gibt immer weniger Kinder und das staatliche Pensionssystem gerät damit zunehmend in Schieflage. Die Frage der Vorsorge zur finanziellen Absicherung im Alter ist somit eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Vor allem bei Frauen besteht dringender Handlungsbedarf hinsichtlich der finanziellen Vorsorge, um ein selbstbestimmtes Altern in Würde zu ermöglichen. Hier ist nicht nur jede:r Einzelne gefragt, sondern auch Staat, Gesellschaft und selbstverständlich auch wir als Versicherungsexpert:innen.
Es gibt mehrere Punkte, an denen angesetzt werden kann. Ein Kassasturz der eigenen Finanzen und eine umfassende professionelle Beratung können mögliche Pensionslücken aufzeigen. Dieses Wissen ist der erste Schritt, um die optimale individuelle Vorsorgelösung zu finden und die eigenen Finanzen selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.