Diagnose Krebs – Was jetzt?

Caroline Justich weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, eine Krebserkrankung zu erleben. Mit „Be accepted“ hat sie ein Tool geschaffen, das Betroffenen Unterstützung und Informationen gibt.

Frau ist im Wald, hebt den Kopf leicht nach oben und hat die Augen geschlossen

Mittlerweile ist Krebs in vielen Fällen heilbar. Doch im Moment der Diagnose fühlt es sich für die Betroffenen und ihr Umfeld häufig wie ein Todesurteil an. 

Was passiert in diesem Moment?

Justich: Eine Krebsdiagnose versetzt einen im ersten Moment in einen Schockzustand. Das ist zwar natürlich, aber nicht gut, weil es Stillstand bedeutet und damit Zeitverlust. Doch das Einzige, was man bei Krebs nicht hat, ist Zeit. Daher ist es wichtig, rasch aus diesem Zustand in die Handlungsfähigkeit zu kommen.

Wie wird das möglich?

Justich: Bei diesem Prozess durchläuft man fünf Phasen – das Nicht-wahrhaben-Wollen, die Wut, das Verhandeln, die Depression und schließlich die Akzeptanz. Aus der Akzeptanz heraus kann man handlungsfähig sein. Ist man sich dieses Prozesses bewusst, kann man ihn abkürzen und schneller in die Akzeptanz kommen. Es hilft deshalb, die Aufmerksamkeit möglichst rasch auf die Optionen lenken. Denn man hat immer Möglichkeiten und Optionen.

Aus der Resilienzforschung weiß man auch, dass zwei Minuten Ablenkung genügen, um Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. In meinem Fall hat mein Onkologe meine Gedanken in Richtung Leben gelenkt, als er mir sagte, dass drei Prozent der Patienten, die dasselbe Krankheitsbild haben, vollständig geheilt werden können. Und ich dachte mir: Drei Prozent, das passt für mich, da bin ich dabei.

Wie können dann die nächsten Schritte aussehen?

Justich: Den ersten Befund bekommt man meist vom Radiologen. Bis ein Termin im Brust-Gesundheitszentrum – oder einem anderen Institut, je nach Krebsart – feststeht und die Therapie beginnt, kann noch Zeit vergehen. Diese Zeit kann man bereits nutzen und Dinge regeln z.B. sich überlegen, wie sage ich es meinen Kindern, welcher Psychoonkologe kann mich während der Therapie begleiten. Ich kann Termine ausmachen mit Kardiologin und Zahnarzt, Informationen bei der Krankenversicherung einholen oder einen erhöhten Kündigungsschutz beantragen.

Wie mache ich mein Umfeld mit der neuen Situation vertraut?

Justich: Das ist natürlich von Fall zu Fall und von Mensch zu Mensch verschieden, weil jeder anders ist. Hilfreich ist es, sich darauf einzustellen, dass man ebenso absurde wie überraschende Reaktionen bekommt. Plötzlich ist man „die Frau mit dem Krebs“ und manche Menschen werden einen meiden, als hätte man eine ansteckende Krankheit. Andere werden einen mit hilfreichen Tipps und Informationen überschwemmen. Viele dieser Reaktionen entstehen aus Angst und Unsicherheit heraus, weil Krebs für viele Menschen immer noch ein Tabuthema ist, dabei ist es mittlerweile schon zur Volkskrankheit geworden.

Mein Weg war, von Anfang an offen und ehrlich mit meiner Erkrankung umzugehen. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn ich gesagt habe, was bei mir passiert, wie ich mich fühle, was ich zum Beispiel für Nebenwirkungen habe, dass sie dann auch leichter mit meiner Krebserkrankung umgehen können. Man muss und darf sich die Menschen, die einen begleiten, aussuchen und alles, was aktuell nicht wohltut, minimieren.

Wie verändert Krebs eine Partnerschaft?

Justich: Es müssen neue Identitäten gefunden werden, weil man in der Beziehung im Alltag ausfällt, und auch weil viele Angstthemen aufkommen. Auf meiner Seite als Patientin waren Fragen wie „Werde ich noch schön sein?“, „Wird mein Partner mich noch lieben?“. Auf Seiten meines Partners war natürlich auch die Angst um mich und mein Leben. Von Psychoonkologen weiß ich, dass Beziehungen, die vor der Krebserkrankung stark waren, gestärkt aus dieser Krise gehen, während Beziehungen, die vorher schon brüchig waren, schlechter werden oder auch daran zerbrechen können.

Wie würden Sie aus Ihrer Erfahrung heraus eine Krebstherapie beschreiben?

Justich: Es ist harte Arbeit und ein Fulltime-Job. Allerdings Arbeit, die ich in mich selbst investiere. Es geht dabei darum, einen Weg zu finden, um schlauer zu sein als der Krebs, und das immer wieder, lange und in hoher Qualität mit der Erkrankung zu leben. Es gibt keine Erfolgsrezepte und keine Garantien, aber man hat die Freiheit zu entscheiden, wie man mit seiner Krebserkrankung umgeht. Was mache ich mit dem, was mir das Leben jetzt gibt? Wie überhaupt das Leben eine ganz neue, eigene Qualität bekommt, weil viele Dinge unwichtiger werden, wenn man sich mehr auf das Wesentliche konzentriert.

Welche Grundhaltung haben Sie dabei entwickelt?

Justich: Man muss immer in Bewegung bleiben, sich nicht einfach hinlegen. Du kannst dich schon hinlegen und dich ausruhen, aber nicht tagelang im Bett liegen bleiben. Steh auf, auch wenn es dir nicht gut geht und tu, als ob es dir gut geht, dann wird es dir langfristig besser gehen. Dieses Konzept heißt „Fake it till you make it“, und es funktioniert!

Gesund werden

Um gesund zu bleiben oder wieder zu werden, heißt es, gut in sich selbst zu investieren. Der Fokus liegt auf der Medizin, doch um möglichst viele Therapien effektiv bekommen zu können, muss man mit den Nebenwirkungen zurechtkommen und sich ebenso mental wie körperlich fit halten. In „Be accepted“ definiert Caroline Justich Mittel, die dabei unterstützen:

  • Bewegung und Aktivitäten
  • Kein oder nur geringer Alkoholkonsum
  • Art und Qualität der Nahrung
  • Maßnahmen, die das Immunsystem physisch und psychisch stärken
  • Familie und Freunde
  • Nahrungsergänzungsmittel
  • Die eigene Weiblichkeit stärken


Caroline Justich
© Tina Herzl 


Zur Person: 

Caroline Justich erfuhr mit 39 Jahren, dass sie an fortgeschrittenem Brustkrebs litt, der ihr nur eine dreiprozentige Heilungschance ließ. Die Mutter von drei kleinen Buben beschloss, diese Chance zu nutzen und nahm erfolgreich den Weg und das Leben mit Krebs auf. Um anderen Menschen in dieser Situation Mut zu machen, schuf sie
Be accepted“, in Kooperation mit der Europäischen Gesellschaft für Radiologie und mittlerweile vielen anderen Kooperationspartnern.

Be accepted besteht aus zwei Tools, einem Magazin, das abgestimmt ist auf die Erstdiagnose, um sofort aktiv werden zu können und eine Webplattform, wo Betroffene umfassende Informationen und Möglichkeiten finden, um immer wieder neue Impulse zum Dranbleiben zu bekommen. Caroline Justich will mit Be accepted allen Frauen mit Krebs den Zugang zu Wissen und Expertise der angesehensten Spezialist:innen der jeweiligen Bereiche aus Medizin und dem komplementär medizinischen Bereich ermöglichen und dadurch ab dem Zeitpunkt der Diagnose einen Wissens- und Zeitvorsprung zu schenken.


Was Sie noch interessieren könnte.

Frau mit ausgebreiteten Armen

Alles wird anders?

7 Tipps, wie wir mit Veränderung besser umgehen können.

Frau joggt draußen

Fit statt krank: So hilft Sport dem Immunsystem

Sport stärkt das Immunsystem, heißt es. Aber ist das wirklich so? Wir haben bei Public Health Expertin Barbara Fisa nachgefragt.

Zigaretten im Aschenbecher, daneben zwei zerbrochene Zigaretten

Der beste Weg zur letzten Zigarette - Teil 1

Das Rauchen aufzugeben ist ein steiniger Weg – das wissen alle, die es schon einmal versucht haben. Der wichtigste erste Schritt: Ein eindeutiges „Warum“. Rauchfrei in ein neues Leben – Teil 1.

Frau ist an der frischen Luft und atmet tief durch

Der beste Weg zur letzten Zigarette - Teil 2

Nikotin bringt nicht nur die Stoffwechselprozesse im Körper durcheinander, es schafft auch Verwirrung unter den körpereigenen Botenstoffen. Hier setzt eine der erfolgreichsten Anti-Rauch-Methoden an. Rauchfrei in ein neues Leben – Teil 2.

Sauerkraut, das fermentierte Superfood im Glas

Gesunder Darm dank Kimchi und Co.

Der eine hat es, der andere braucht es: Milchsäurebakterien. Im Darmmikrobiom sind sie unverzichtbarer Bestandteil, um gesund zu bleiben. Besonders viel von ihnen steckt in fermentiertem Gemüse, weiß die Expertin für Lakto-Fermentation Ingrid Palmetshofer.

Senior:innen betreiben Sport

Wie werde ich 101?

Was es braucht, um möglichst lang möglichst fit zu leben, verrät UNIQA VitalCoach Barbara Schagerl-Müllner.

Unterschiedliche Bohnen in Schüsseln

Bohnen, Erbsen, Linsen: Wie gesund sind Hülsenfrüchte?

Pflanzliches Eiweiß, sättigende Kohlenhydrate und bis zu 20 Prozent Ballaststoffe machen Hülsenfrüchte zu einem der Basisnahrungsmittel weltweit.

Frau rollt Sportmatte zuhause aus

Home Gym: Sport auf kleinstem Raum

Platzmangel ist nur eine Ausrede, weiß Sportprofi Werner Schwarz und verrät, wie die richtige Bewegung Körper und Geist gleichermaßen in Schwung bringt. Plus: Die besten Wohnzimmer-Workouts der UNIQA VitalCoaches zum Ausprobieren!

Kontakt

Reiseversicherung