Bei vielen Beschwerden sind die „Fünf Beweger“ die beste Medizin

Ob der Rücken schmerzt, zu viele Kilos die Lebensqualität erschweren, sich Blutdruck oder Zuckerspiegel in ungesunden Höhen bewegen oder schwierige Lebenssituationen aufs Gemüt drücken: In vielen Fällen kann Sport, vernünftig dosiert und den Beschwerden angepasst, Linderung, manchmal sogar Heilung bringen, weiß Sportwissenschaftler Mag. Franz Leberbauer.

Zwei Menschen beim Langlaufen

Es sind in der Regel moderate Ausdauersportarten, die bei manchen Beschwerden sogar Medikamente ersetzen können – zum Beispiel bei Bluthochdruck. Und analog zu den bekannten „Fünf Tibetern“ könnte man hier von den „Fünf Bewegern“ sprechen: Schwimmen, Nordic Walking, Jogging, Radfahren und Ski-Langlauf sind jene Sportarten, die bei einer Vielzahl von Beschwerden helfen. „Dem Körper tut grundsätzlich jede Bewegung gut, aber viele Sportarten bergen auch Gefahren – und wenn man die nicht kennt, steuert man schnurstracks dem nächsten Problem entgegen“, sagt Leberbauer, Experte für Fehlbelastungen und Dysfunktionalitäten: „Aber mit diesen fünf Ausdauersportarten kann man kaum etwas falsch machen.“

Das Leben muss bewegt sein

Warum „Dr. Sport“ in vielen Fällen die richtige Anlaufstelle ist, kann anhand einiger Beispiele leicht erklärt werden. Der Klassiker ist das Übergewicht, das nicht nur ein großer Risikofaktor für Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes ist, sondern auch die Gelenke stark belastet. Die tun dann entsprechend weh, und oft genug hört man den Rat: „Ruhe geben.“ Das ist genau das Verkehrte, weiß Leberbauer: „Das Schlimmste, das man einem Körper antun kann, ist damit aufzuhören, ihn zu bewegen. Vielfach wird einfach das behandelt, was als Beschwerde herauskommt, dabei muss man an den Ursprung gehen und herausfinden, was die Ursache ist.“

Aus Leberbauers Erfahrung sind das zumeist Funktionsfehler: „Die produziert der Alltag bei uns. Viel Stehen, viel Sitzen, Stress in der Arbeit – da baut der Körper Blockaden auf.“ Dabei ist so eine Blockade nichts anderes als ein Schutzmechanismus. „Verharre ich zu lange in der gleichen, z.B. sitzenden Position, entsteht im Körper eine isometrische Spannung“, erklärt der Experte, „Unsere Muskeln leisten eine statische Arbeit, die unheimlich anstrengend ist, wesentlich anstrengender als es ein vergleichbarer Muskeleinsatz in Bewegung wäre.“ Durch die – für uns schmerzhafte – Blockade signalisiert der Körper: Schluss damit. Beweg dich!

„Oft hat man durch solche, nennen wir es Zivilisationsdefekte, ähnliche Problembilder wie bei Verletzungen.“ Mit einem gravierenden Unterschied: „Eine Verletzung ist offensichtlich, aber wenn ich im Körper zehn solche Baustellen habe, geht es mir schlecht, aber man sieht nicht auf den ersten Blick, warum.“

Funktionscheck und Mobilisieren

Deshalb tut man sich einen großen Gefallen, bei Rücken- oder Gelenksproblemen nicht einfach das nächstbeste Sportabenteuer zu starten, sondern zunächst möglichen Blockaden auf die Spur zu kommen und mit Mobilisierung zu beginnen. Mit den erwähnten Ausdauersportarten kann man dabei deutliche Erfolge erzielen.  

Aber auch wenn die „Fünf Beweger“ kaum negative Folgen haben können, ist bei manchen Beschwerdebildern ein ärztlicher Check unbedingt ratsam: Bei Bluthochdruck sollte sportlicher Aktivität eine gründliche Untersuchung samt Belastungs-EKG vorangehen.

Gibt es medizinisch keine Bedenken, sind die „Fünf Beweger“ vielseitig einsetzbar. Regelmäßige sportliche Aktivität kann den Blutdruck in vergleichbarem Ausmaß wie ein Medikament regulieren, den Blutzuckerspiegel bei Typ-2Diabetes senken, Arterienverkalkung und Venenschwäche vorbeugen und durch die Ausschüttung von entsprechenden Hormonen auch bei Burnout oder Depression helfen.

Aufpassen bei „Alterssport“

Wie erwähnt, kann man beim Schwimmen, Walken oder Radfahren kaum etwas falsch machen – sofern man Brustschwimmen bei Problemen mit der Halswirbelsäule auslässt und bei Knieproblemen sogar beim Wandern vorsichtig ist, da hier beim Bergabgehen das Fünffache des Körpergewichts auf den Knien lastet. 

Unangenehme Überraschungen können entstehen, wenn man als sportlich aktiver Mensch plötzlich Beschwerden bekommt und sich – ohne Funktionscheck und Beratung – selbst eine adäquatere Form der Bewegung sucht, bei der man sich vermeintlich weniger weh tut. Ein Beispiel: Man hört auf, Squash zu spielen, weil die Gelenke krachen, der Rücken wehtut und die kurzen Sprints und Stopps mehr Leid als Freude bereiten. Stattdessen entscheidet man sich für das vermeintlich altersgemäße Golfen. „Das klingt so nach Gemütlichkeit und Spaziergängen über das satte Grün“, sagt Leberbauer, „aber Golf bedeutet auch einseitige Rotationsbewegungen in der Wirbelsäule und Belastungen für Gelenke bis hinunter zum Sprunggelenk. Darauf sollte man seinen Körper vorbereiten, damit dieser Sport, mit dem viele noch dazu erst im Alter beginnen, auch entsprechend Spaß macht und nicht erst recht wieder Leiden verursacht.“

Zusammengefasst

Die wichtigste Regel lautet: Niemals aufhören, den Körper zu bewegen – und sei es nur mit gemächlichen Spaziergängen, denn jeder noch so langsame Schritt ist besser als gar keiner. Bei zahlreichen Beschwerden – von Bluthochdruck über Gelenksprobleme bis zu Depressionen – helfen in erster Linie fünf moderate Ausdauersportarten: Schwimmen, Walken, Joggen, Radfahren und Langlaufen. Im Unterschied zu vielen anderen, bei denen es auch Risikofaktoren zu berücksichtigen gibt, kann man mit diesen Sportarten kaum etwas falsch machen. Und wenn es doch irgendwo zwickt oder hapert, sollte man dem auf den Grund gehen, die Störung fachkundig beheben lassen – und dann sofort „bewegt“ weitermachen.

Franz Leberbauer
Franz Leberbauer ist Experte für Fehlbelastungen und Dysfunktionalitäten.

Zur Person: 

Mag. Franz Leberbauer ist der Begründer der alinus-Trainingstherapie, einer Methode zur (Wieder-)Herstellung und Optimierung der vollständigen motorischen Bewegungsfunktion bei Menschen jeder Altersgruppe. Der Sportwissenschaftler, der früher unter anderem für das österreichische Fußball-Nationalteam gearbeitet hat, ist zudem leistungsdiagnostischer und trainingstherapeutischer Betreuer von Hochleistungssportlern aus nahezu allen Sportarten.

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