Allein unterwegs

Allein zu reisen heißt, mit sich selbst zu reisen – und das kann ebenso herausfordernd wie bereichernd sein, weiß Weltenbummlerin und Autorin Waltraud Hable.

Person geht mit Rollkoffer Bahnsteig entlang

Manchmal macht man Dinge, die man so nicht geplant hat. Etwa eine Urlaubsreise allein. So war es auch bei Waltraud Hable. Eigentlich hatte sie nicht vor, zur Soloreisenden zu werden. Doch als Fernweh und Reiselust größer waren als ihre Angst vor dem Alleinsein, war es so weit: „Ich war etwa dreißig, hatte gerade einen Job beendet und es war niemand zur Hand, der mitreisen wollte. Und so packte ich meinen Koffer, drei Bücher und ein Notizbuch ein und flog nach Thailand an einen Ort, in dem ich schon mal auf Urlaub gewesen war.”

Aus ihrer ersten Soloreise wurden bei Hable ungezählte weitere und sie schließlich zur Weltenbummlerin, denn schon bei ihrer ersten Reise in Begleitung von sich selbst war sie auf den Geschmack gekommen: „Meine Soloreisen geben mir die Gelegenheit, zu mir selbst zu finden und zu persönlicher Entwicklung und Wachstum.“

Reise zu sich selbst

Jede Soloreise ist ein Selbsterfahrungstrip, bei dem man sich, seine Möglichkeiten, Fähigkeiten und Grenzen besser kennenlernt. Denn jenseits der gewohnten Lebensbahnen sieht man sich plötzlich mit Situationen konfrontiert, in denen einem niemand weiterhilft und die man allein meistern muss. „Man wird zu einem besseren Problemlöser, weil man alles selbst machen muss und dabei erfährt, dass man es auch kann. Oder wenn ein Tag nicht so gut läuft, ist es allein meine Verantwortung, das zu ändern. Ich kann es nicht an jemand anderen delegieren, sondern muss mir selbst überlegen, was ich brauche, damit es mir besser geht“, erzählt Hable. Vielleicht ist es ein Cocktail in einer Bar vor Ort, oder ein sauberes Bett in einer netten Pension oder ein Gespräch mit einem interessanten Menschen. Keine Frage, wer allein reist, lernt nicht nur viel über Land und Leute, sondern auch über sich selbst.

Tipps aus Waltrauds Erfahrungsschatz

Tipp 1: Wenn du allein reisen möchtest, dann fahre zum ersten Mal an einen Ort, an dem du schon einmal warst. Dort weißt du, was dich erwartet, du hast einen „safe haven“. 

Tipp 2: Um auszuprobieren, wie es sich allein reist, ist auch ein Städtetrip ideal. Weil eine Stadt automatisch genügend Infrastruktur für Unterhaltung, Kulinarik oder Transport bietet. Auch ist es dort manchmal einfacher mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, um nicht einsam zu sein. 

Tipp 3: Weniger geeignet für eine (erste) Soloreise sind Thermen, Clubs oder tropische Inselparadiese. Das sind bevorzugte Destinationen für Familien oder Pärchen und der Honeymoon Alert ist dementsprechend groß. 

Tipp 4: Besonders bei Fernreisen ist man häufig komplett von den Eindrücken überfordert. Dazu kommt möglicherweise Schlafmangel, man ist hungrig oder die Klimaanlage nervt. In diesem Fall ist es am besten, einen Gang hinunterzuschalten und als erstes die Primärbedürfnisse zu befriedigen und dann erst den nächsten Schritt zu setzen. 

Tipp 5: Niemals abends in einem unbekannten Hotel einchecken. Meist ist man müde und erschöpft von der Reise, und das Hotel wirkt auf den ersten Blick möglicherweise entsetzlich. Aber am nächsten Morgen, und in ausgeschlafenem Zustand sieht alles schon wieder ganz anders aus.

Was für Soloreisen spricht ….

Allein zu reisen besitzt einen ganz anderen Charakter als mit Partner:in oder Freund:innen unterwegs zu sein. Und manche Vorteile erkennt man erst unterwegs, wie die erfahrene Weltenbummlerin weiß:

  • Andere Menschen haben ihre eigenen Energien. Ist man allein, braucht man diese nicht auszubalancieren. Wenn etwa die eine das Tagträumen in der Hängematte bevorzugt, während der andere auf Besichtigungstour gehen möchte.
  • Die Planungsfreiheit ist größer und man kann rascher planen, weil weniger Kompromisse geschlossen werden müssen.
  • Die Reise kann dem persönlichen Rhythmus folgen und entsprechend den eigenen Bedürfnissen nach Ruhe oder Aktivität gestaltet werden. Wenn z.B. der eine morgens gern länger schläft, möchte die andere vielleicht schon zeitig die fremde Stadt erkunden.
  • Man muss sich nicht um jemanden anderen und dessen Befindlichkeit kümmern, sondern primär darum, dass es einem selbst gut geht.
  • Man wird offener, da man aus sich herausgehen muss, um andere Menschen kennenzulernen.
  • Man braucht keine Budgetvorstellungen abzugleichen.


Kein Wunder, dass bei so vielen Vorteilen immer mehr Menschen allein unterwegs sind. Die Pandemie hat diesem Trend einen zusätzlichen Schubs gegeben. Um den Lockdowns zu entkommen oder ihr Büro in eine angenehmere Umgebung zu verlegen, machten sich in den letzten Jahren viele (meist junge) Menschen auf den Weg, um als Job-Nomaden ihren Berufen an attraktiven Destinationen nachzugehen. 

…und was dagegen

Auch wenn vieles für das Reisen allein spricht, spricht laut Hable auch manches dagegen:

  • Die Unterkunftskosten sind höher, weil für ein Einzelzimmer mehr verlangt wird als für ein Doppelzimmer.
  • Entscheidungen müssen allein getroffen werden, es steht keine andere Person zur Verfügung, mit der man Zweifel besprechen kann
  • Alleinreisen kann anstrengender sein, weil man alles selbst organisieren muss – von der Frage „Wo soll es hingehen?“ bis zu „Wie komme ich zu meinem Hotel?“
  • Ist man allein unterwegs, ist nicht automatisch jemand da, um schöne Erlebnisse zu teilen und damit zu vertiefen.
  • Allein zu reisen kann manchmal auch heißen, einsam zu sein. Um dem zu entgehen, muss man selbst aktiv werden und auf andere Menschen zugehen.

Nachhaltig reisen?

Ist eine Soloreise nachhaltiger als eine Reise zu zweit oder in einer Gruppe? Die Antwort lautet: kommt darauf an. „Natürlich ist es weniger nachhaltig, wenn ein Hotelzimmer nur von einer Person bewohnt oder ein Mietwagen nur von einer Person benutzt wird“, sagt Waltraud Hable. „Aber bei vielen anderen Sachen ist es in punkto Nachhaltigkeit egal, ob man allein oder zu zweit unterwegs ist. Generell ist es immer nachhaltiger, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, als den Mietwagen oder zu fliegen. In den meisten Ländern weltweit wird Trinkwasser in Plastikflaschen verkauft. Hat man seine eigene Trinkflasche dabei, spart man auf diese Weise natürlich Plastik und vermeidet Müll.“ Und apropos vermeiden, auch All Inclusive Resorts sollte man auf Reisen besser vermeiden, wenn man im Sinne der Umwelt agieren möchte. Denn je höher der Hotelstandard, desto höher ist meist auch die Umweltbelastung.

Waltraud Hable © Christiane Toppler
© Christiane Toppler


Zur Person:

Waltraud Hable ist Journalistin, Autorin und Weltenbummlerin. Mit 37 Jahren unternahm sie ihre erste Solo-Weltreise. Seit 2019 ist sie ohne Rückflugticket unterwegs mit Stopps in Thailand, Vietnam, Hong Kong, Korea, Indien, Hawaii, Türkei, Portugal, Südafrika … von wo aus sie für verschiedene Medien berichtet und ihre Bücher verfasst.

Finden kann man sie dort, wo Sonne und Meer sind. Folgen kann man ihr auf Instagram @waltraud_hable oder ihrer Homepage.

Zum Weiterlesen:
Waltraud Hable (2021) Mein Date mit der Welt: Eine Frau. Eine Weltreise. Ein Plan.
DuMont Verlag
Waltraud Hable (2021) Für alles um die Welt - per One-Way-Ticket in ein neues Leben
DuMont Verlag

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